Heute haben die Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Aufstandes im Warschauer Ghetto stattgefunden. Um 10 Uhr begannen die dreitägigen Festivitäten mit einer offiziellen Eröffnung, an der unter anderem Staatspräsident Bronislaw Komorowski teilnahm, vor dem Denkmal der Helden des Ghettos. Komorowski sprach davon, dass keine Hauptstadt in Europa so von den Nazis zerstört worden sei wie Warschau. Zudem gebe es keine Hauptstadt in Europa, deren Bewohner gleich dreimal gegen die deutschen Besatzer gekämpft hätten – 1939 zu Beginn des Krieges, 1943 beim Ghettoaufstand und 1944 beim Warschauer Aufstand. Bei der Feierlichkeit waren auch zwei Überlebende des Ghettos und Vertreter des Staates Israel sowie der Präsident des EU-Parlamentes Martin Schulz anwesend. Später führte ein Gedenkmarsch zum Umschlagplatz, einem ehemaligen Bahnhof, von dem Juden in Konzentrationslager gebracht worden sind. Bis zum Sonntag wird es in Warschau viele Ausstellungen, Installationen und Vorträge zu dem Thema Ghettoaufstand geben.
Am 19. April 1943 hatten sich die im Warschauer Ghetto von den Nazis eingepferchten Juden gegen die deutschen Besatzer erhoben. Diese reagierten mit aller Härte und unterdrückten den Ghettoaufstand innerhalb von knapp vier Wochen. Dabei kamen mehr als 10.000 Juden in den Kämpfen und den darauffolgenden Erschießungen ums Leben. Über 30.000 der insgesamt mehr als 50.000 ghettoisierten Juden wurden in Konzentrationslager geschickt – das Warschauer Ghetto wurde komplett zerstört und an seiner Stelle ein weiteres Konzentrationslager errichtet. Erst vor zwei Tagen war ein Bericht des deutschen SS-Generalleutnants Jürgen Stroop über die Niederschlagung des Aufstandes veröffentlich worden.
Gedenken an Zweiten Weltkrieg ist in Polen weiter groß
Das Gedenken an den Zweiten Weltkrieg ist in Polen weiterhin sehr groß – der Krieg hat das Land nachhaltig verändert; es hat rund sechs Millionen Einwohner verloren und eine Westverschiebung seiner Grenzen hinnehmen müssen. Im nächsten Jahr wird der 70. Jahrestag des Warschauer Aufstandes begangen werden, bei dem die verbliebene nicht-jüdische Bevölkerung Warschaus sich vom Joch der Nazis befreien wollte. Am Ende musste die Heimatarmee (AK) nach dem Tod von über 10.000 Kämpfern und 150.000 Zivilisten jedoch kapitulieren.
Warschau selbst war nach dem Zweiten Weltkrieg zu über 90% zerstört und unbewohnbar. In der Volksrepublik Polen fasste die kommunistische Stadtverwaltung schnell den Beschluss, die Stadt wieder originalgetreu aufzubauen. Von 1946 bis 1953 wurden die historische Altstadt, die Neustadt und die Krakauer Vorstadt größtenteils auf Grundlage von Gemälden aus dem 18. Jahrhundert rekonstruiert – dieser Teil der Weichselmetropole ist seit 1980 Weltkulturerbe. Neben dem Wiederaufbau klassizistischer Gebäude, Schlösser und grüner Parkanlagen wurden andere Stadtviertel im Stile des sozialistischen Realismus wiedererrichtet. Heute leben in der polnischen Hauptstadt über 1,7 Million Menschen.