In letzter Zeit wurde in Polen viel über den Zustand der polnischen Lesekultur gesprochen. Diese Debatte wurde größtenteils durch Artikel von polnischen Prominenten aus Kultur, Literatur und Öffentlichkeit ausgelöst. Als eine der Ersten brachten die Schriftstellerin Kaja Malanowska ihre Empörung und Enttäuschung über den polnischen Lesermarkt zur Sprache.
In der heutigen Debatte über die Lage der polnischen Lesekultur gibt es sowohl eine Vielfalt an Akteuren, die sich der Debatte angeschlossen haben, als auch eine Vielzahl an Problemen. Die Polen lesen nicht viel, sagen Buchhändler, Schriftsteller und Leser. Was würde einer der 39 Prozent Polen dazu sagen, der sowieso nur bis zu sechs Bücher pro Jahr liest?
Nicht viel Platz für Pop-Literatur
Malanowskas Meinung nach könnten sogar anspruchsvolle und bedeutende Autoren in Polen nur mit geringen Einnahmen rechnen. Das Problem sieht sie im Büchermarkt, der in Polen den gleichen Regeln wie andere Produkte unterliegt, was ihn kaputt mache.
Jedoch ist laut Kommentatoren und Experten die geringe Anzahl an Lesenden nicht das größte Problem. Die umso wichtigere und paradoxe Feststellung ist, dass unter den regelmäßig Lesenden eine strikte Abgrenzung zwischen „guter“ und „schlechter“ Literatur herrscht. Danach gäbe es in Polen nicht viel Platz für sogenannte Pop-Literatur, die in anderen Ländern ein breites Publikum findet. Dadurch gäbe es keine „middlebrow“ Literatur, die gleichzeitig raffiniert und zugänglich ist, aber auch den Büchermarkt interessanter und vielfältiger macht.
Polnische Regierung engagiert sich
Es gibt viele Akteure, die eine neue Qualität in den polnischen Büchermarkt bringen wollen. Man sollte aber nicht vergessen, wie wichtig dabei die unterstützende Rolle des Staates ist. Die polnische Regierung hat Anfang des Jahres das Nationale Programm für Leseentwicklung (rozwoj czytelnictwa) 2014-2020 ins Leben gerufen, das für das Lesen in Polen werben sollte. Die finanziellen Mittel dafür belaufen sich auf rund 250 Millionen Euro. Gegner werfen dem Ministerium vor, die Förderung sei hauptsächlich für größere Einrichtungen bestimmt, wobei kleinere Buchhandlungen in Vergessenheit gerieten.
Ohne Rücksicht darauf, wie man das kürzlich eingeführte Programm beurteilt, bestehen keine Zweifel, dass Werbung für die Steigerung des Lesens eine wichtige Angelegenheit für jede moderne Gesellschaft ist.