Eingeschränkte Hilfe für Gewaltopfer

Die Opfer häuslicher Gewalt sollten mit einem besonderen Schutz umgeben werden. Hilfe- und Schutzprogramme für diese Personen lassen viel zu wünschen übrig. Doch in den letzten Jahren konnte man auf eine positive Entwicklung hoffen – unter anderem Dank der Istanbulkonvention. Leider scheinen auch die wenigen vorhandenen Hilfewege der aktuellen Regierung übertrieben zu sein – es wurde nämlich beschlossen, die größte und bekannteste Hotline für Opfer von häuslicher Gewalt – die sogenannte „Blaue Linie“ – nicht mehr zu finanzieren.

Seitdem die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) an der Macht ist, protestieren polnische Frauen so oft wie noch nie zuvor in der Zeit nach der Wende. Die konservative Regierung hat schon ein paar mal versucht, das Anti-Abtreibungsgesetz durchzusetzen. Dies ist jedoch nicht erfolgt, weil Millionen von Frauen auf die Straßen gingen und am Schwarzen Protest teilnahmen. Unter dem gesellschaftlichen Druck haben die PiS-Politiker auf die Verschärfung des sowieso strengen Abtreibungsgesetzes verzichtet. Jetzt wird versucht, die Frauen von einer anderen Seite anzugreifen.

Über 90 Prozent der Opfer von häuslicher Gewalt sind Frauen und Kinder. Natürlich gibt es auch Männer in dieser Gruppe, ihr Anteil ist jedoch deutlich geringer. Und genau bei dieser Gruppe kann sich ihre eh schon miserable Situation noch verschlechtern. Nach der Idee, die Istanbulkonvention gegen häusliche Gewalt zurückzuziehen (die dann doch nicht durchgesetzt wurde), kommt jetzt die Absage einer finanziellen Unterstützung für die Hilfe-Hotline für Opfer der Gewalt. Die allgemein bekannte Telefonnummer ist bereits abgeschaltet worden, genauso wie die Beratung per E-Mail. Das Innenministerium hat nämlich keine finanziellen Mittel gefunden, um diese Institution weiter zu finanzieren.

Dank der Istanbulkonvention sind die Gewaltopfer nicht vollständig ohne Hilfe geblieben. Diese können immer noch die Staatliche Agentur für Lösung der Alkoholprobleme unter einer Mobilfunknummer kontaktieren. Die Leiterin der Institution „Blaue Linie“ betont, dass das Probleme mit der Finanzierung der Organisation seit Jahren und unter verschiedenen Regierungen bestand. Doch es ist noch nie dazu gekommen, dass die „Blaue Linie“ ihren Service einstellen musste.

Die Vorgehensweise der aktuellen Regierung wird intensiv in sozialen Netzwerken und Medien kritisiert. In diese Frage ist inzwischen auch der Beauftragte für Bürgerrechte involviert. Dieser versichert, dass die Gespräche zwischen der „Blauen Linie“ und dem Innenministerium immer noch geführt werden und für seinen Kommentar sei es noch zu früh.

Aktuell sucht die „Blaue Linie“ andere Finanzierungsmöglichkeiten – unter anderem durch Spenden oder durch die Suche nach den Geschäftssponsoren.