Heute entschied das polnische Verfassungsgericht, dass die bisherigen Vorschriften bezüglich der Gründung und des Beitritts zu Gewerkschaften verfassungswidrig sind. Bisher durften nur Mitarbeiter in Festanstellung mit einem Arbeitsvertrag zu einem gewerkschaftlichen Verband gehören. Nun dürfen alle Mitarbeiter, unabhängig von der Beschäftigungsart, eine Gewerkschaft gründen oder einer beitreten.
Den Antrag zur Prüfung der geltenden Vorschriften stellte der Gesamtpolnische Gewerkschaftsverband (OPZZ). Der Verband wies darauf hin, dass die Definition eines Mitarbeiters oder Angestellten beschränkt sei und nicht immer dem aktuellen Stand entsprechen würde. Das polnische Recht sah bisher die Möglichkeit der Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft nur für Mitarbeiter in einer Festanstellung vor – also mit einem Arbeitsvertrag. Dabei haben jedoch fast 1,5 Millionen Angestellte keinen festen Arbeitsvertrag, sondern sind durch zivilrechtliche Verträge gebunden – umgangssprachlich „Müllverträge“. Ungefähr genauso viele sind selbständig. Über eine halbe Million arbeiten über eine Vermittlungs- oder Zeitarbeitfirma – diese Mitarbeiter haben also auch keine festen Arbeitsverträge.
Der Gewerkschaftsverband bemerkte, dass die Verfassung das Recht garantiert, sich in Verbände, Gewerkschaften usw. zusammenzuschließen, ohne die Art der Anstellung zu erwähnen. Somit sind die Vorschriften des Arbeitsgesetzbuches verfassungswidrig. Diesem Antrag hat heute das Verfassungsgericht stattgegeben. Es dürfen nun alle Beschäftigten, unabhängig von der Beschäftigungsart eine Gewerkschaft gründen oder dieser beitreten.
Die OPZZ-Vertreter kommentierten das Urteil enthusiastisch. Sie betonen, dass Mitarbeiter mit einem zivilrechtlichem Vertrag die gleiche Arbeit leisten, wie diejenigen mit einer Festanstellung. Dabei kosten sie den Arbeitgeber wegen steuerrechtlicher Regelungen weniger. Diese Menschen müssen also auch den Anspruch haben, sich zusammenzuschließen und sich für ihre eigenen Rechte einzusetzen. Experten vermuten, dass die Gewerkschaften nun mehr Zulauf erhalten, aber das wird sich noch zeigen.
Bild: Polnisches Verfassungsgericht // (cc) Lukas Plewnia / polen-heute.de [CC BY-SA 2.0] / Flickr