Eigentlich ist der Kardiologe Miroslaw G. von allen schweren Anschuldigen freigesprochen worden: Weder hat er sein Personal ungebührlich behandelt, noch hat er die Tochter einer Patientin sexuell belästigt. Auch hat er sich durch das Geld, das er von seinen dankbaren Patienten erhalten hat, nicht in seiner Arbeit beeinflussen lassen. Dennoch verurteilte ihn das Gericht heute zu einem Jahr Haft und über 70.000 Zloty (17.000 Euro) Strafe, denn seinem Dafürhalten nach ist jede Entgegennahme von Geld durch einen Arzt eine Form von Bestechung.
Das Verfahren hatte über vier Jahre gedauert und füllt inzwischen mehrere Dutzend Aktenordner, mehrere hundert Zeugen wurden gehört. Weder die Anklage, noch die Verteidigung sind mit dem Urteil glücklich; die Anwälte von G. erwägen, in die Revision zu gehen.
Kritik musste auch das Zentrale Antikorruptionsbüro (CBA) für seinen Umgang mit dem Angeklagten einstecken. Der vorsitzende Richter wähnte sich mit den angewandten Verhörmethoden schon wieder in den „Zeiten des Stalinismus“. Die im Büro von G. angebrachte Filmkamera der CBA wertete er jedoch grundsätzlich als sinnvoll, obwohl von der Verfassung geschützte Rechte verletzt wurden.