Die polnische Politik ist nie um einen Skandal verlegen. Heute beschuldigt der Sejm-Abgeordnete Przemyslaw Wipler, die Polizei habe ihn zusammengeschlagen. Öffentliche Aufmerksamkeit ist ihm damit auf jeden Fall sicher.
Die polnische Politik ist bunt, erscheint manchmal skurril und langweilig ist sie nie. Erst gestern sind Korruptionsvorwürfe bei Wahlen innerhalb der regierenden Bürgerplattform (PO) aufgekommen. Antoni Macierewicz (Recht und Gerechtigkeit, PiS) versucht mit seiner Expertenkommission händeringend zu belegen, dass der tragische Flugzeugabsturz der Präsidentenmaschine bei Smolensk 2010 in Wirklichkeit ein gelungener Anschlag auf den für Russland unbequemen Präsidenten Lech Kaczynski war; doch erst vor kurzem ist die Kompetenz seiner Experten in Frage gestellt worden.
Und heute war es wieder soweit: Ein weiterer Skandal breitet sein Flügel über Polen aus. Mit vielen Schwellungen und blauen Flecken im Gesicht trat der klerikalkonservative Parlamentsabgeordnete Przemyslaw Wipler im Parlament (Sejm) vor die Kameras und erklärte mit bewegter Miene, er sei zusammengeschlagen worden. Er habe vorher ein Abendessen genossen und sei dann in ein Warschauer Lokal gegangen, um noch einen Drink zu nehmen. Als er aus dem Lokal im Zentrum der polnischen Hauptstadt gegangen war, habe er einschreiten müssen, weil er einen Streit beobachtet habe. Danach soll alles schnell gegangen sein. Ehe er sich versah, sei er brutal zusammengeschlagen worden, wovon viele Verletzungen am ganzen Körper zeugen. Er habe noch nicht einmal die Gelegenheit gehabt, seinen Parlamentsausweis zu zeigen (in Polen genießen Parlamentarier genauso wie in Deutschland eine gewisse Immunität).
Gegendarstellung der Polizei
Die Polizei wehrt sich gegen die Anschuldigungen und präsentiert eine Gegendarstellung. Demnach wurden Polizisten zu einer Schlägerei gerufen, sie fanden jedoch lediglich zwei betrunkene Männer vor. Als sie diese kontrolliert haben, sei ein anderer Mann dazugekommen, der die Beamten angepöbelt und getreten haben soll. Danach haben diese eingegriffen, dem Mann Handschellen angelegt und ihn abgeführt. Erst später soll sich herausgestellt haben, dass es sich um einen Sejm-Abgeordneten gehandelt hat.
Ein Augenzeuge soll gegenüber dem polnischen Fernsehsender tvn24 die Version der Polizisten bestätigt haben. Dieser bleibt jedoch anonym. Przemyslaw Wipler hingegen möchte nun darauf hinwirken, dass gegen die Polizisten Ermittlungen aufgenommen werden. Eines hat der Parlamentarier auf jeden Fall schon erreicht: So viel Aufmerksamkeit erlangte er noch nie in den Medien.