Außenminister Sikorski und Oppositionspolitiker Waszczykowski lieferten sich heute im polnischen Parlament einen heftigen Streit. Waszczykowski beschuldigte Sikorski dabei, er handele im Dienste Russlands. Die Auseinandersetzung steht exemplarisch für die Debattenkultur in der polnischen Politik.
„Ich möchte sie fragen, ob sie am 19. Dezember dem anreisenden Gast Meldung erstatten – dem Herrn Lawrow“, sagte Witold Waszczykowski, Recht und Gerechtigkeit (PiS), an Außenminister Radoslaw Sikorski gerichtet. Nach diesen Worten entwickelte sich eine heftige Auseinandersetzung zwischen beiden Politikern. Der Oppositionspolitiker und frühere Vize-Außenminister wirft Sikorski vor, er habe die Ostpolitik des früheren Präsidenten Lech Kaczynski sabotiert und somit eine weitere Annäherung zwischen Osteuropa und der Europäischen Union verhindert. Dieses habe Sikorski gemacht, indem er dem damaligen Präsidenten Informationen vorenthielt, das Flugzeug wegnahm und ihn nicht arbeiten ließ. Somit deutet Waszczykowski an, Sikorski stehe im Dienste der russischen Regierung und verfolge Ziele, die gegen polnische Interessen gerichtet sind.
„Meiner Meinung nach überschreiten ihre Worte bei weitem akzeptierte parlamentarische Standards“, antwortete Sikorski auf der heutigen Parlamentsdebatte, bei der es um die Ergebnisse des EU-Gipfels zur Östlichen Partnerschaft ging. Darüber hinaus warf er Waszczykowski vor, er habe sich als Vize-Außenminister illoyal gegenüber der Regierung verhalten und sei sein größter „personeller Fehler“ gewesen.
Debattenkultur in Polen
Witold Waszczykowski war zwischen November 2005 und August 2008 Vize-Außenminister – er wurde somit von der rechtsliberalen Regierung um Premierminister Donald Tusk, die im Oktober 2007 an die Macht kam, übernommen. Doch schon früh stellte sich heraus, dass der Vize-Außenminister nicht die Regierungslinie verfolgte, sondern im Dienste der sich nach den Parlamentswahlen in der Opposition befindenden rechtsklerikalen Recht und Gerechtigkeit befindet. Daher musste er nach fast einem Jahr in der neuen Regierung gehen.
Die heutige parlamentarische Debatte ist in Polen nichts Besonderes – auch wenn mit den Jahren die Auseinandersetzungen an Heftigkeit abgenommen haben. Jedoch wird in Polen noch immer mit harten Bandagen gekämpft. So beschimpfen sich Abgeordnete schnell einmal als Agenten einer fremden Macht oder sehen sich von fremden Geheimdiensten unterwandert, die Polen für sich einnehmen wollen. Offen werden im Parlament homophobe Äußeren getätigt oder Minderheiten abgewertet. Sachliche Argumente bekommen im politischen Diskurs nur am Rande Anerkennung; Kraftausdrücke sind weitaus beliebter und populärer.