Bildungsreform im Sejm

Am 28. November 2016 begann im Sejm die 1. Lesung über die Bildungsreform. Bildungsministerin Anna Zalewska hat in einer einstündigen Rede die Vorteile aufgezählt, von denen Eltern, Lehrer wie Kinder schöpfen werden. Die Gegner dieser Reform bringen hingegen zahlreiche Kritik gegen sie vor. Während der Lesung war der Plenarsaal fast leer. 

Polnische FlaggeDie Dauer der Grundschule soll von 6 auf 8 Jahre angehoben werden und das Lyceum wird um 1 Jahr auf 4 Jahre verlängert. Das Gymnasium fällt ganz weg. Das Technikum wird nicht 4, sondern 5 Jahre dauern. Das bedeutet, dass jeder Schüler in seiner Laufbahn nur 1 Mal die Schule wird wechseln müssen. Diese Änderungen sollen schon ab dem 1. September 2017 in Kraft treten. Für die Ausführung der neuen Bestimmungen haben die Gymnasien 5 Jahre Zeit. Die Lehrer sollen per Gesetz mehr Zeit für die Durchführung eigener Projekte erhalten und es sollen mehr Workshops in den Schulen durchgeführt werden. Die gesamte Lehrerschaft erhält vom Staat 1 Prozent aus dem Budget für Fortbildungsmaßnahmen. Entlassungen sind nicht vorgesehen und es sollen sogar zusätzlich tausende Stellen und Schulabteilungen geschaffen werden.

Grund der Reform

Die Reform soll das „Unheil des Nachhilfeunterrichts“ ,wie es die Ministerin genannt hat, eliminieren. Damit sei gemeint, dass die Eltern tausende von Zlotys für Nachhilfeunterricht ausgeben müssen, damit ihre Kinder dem Unterrichtsstoff folgen können, welcher alle 3 Jahre von neuem beginnt. Weiterhin hieß es, dass Kinder schon in der 4. Grundschulklasse extra Unterricht bedürfen. Damit soll Schluss sein. Die Lösung für dieses Dilemma sollen Bildungsworkshops sein, welche nur in 27 Prozent der Gymnasien und 18 Prozent der Grundschulen Bestand haben. Zusätzlich soll in nur 2 Jahren allen polnischen Schulen an das Breitbandinternet angeschlossen werden.

Neben diesen allgemeinen Veränderungen hat die Ministerin Anna Zalewska zudem konkrete Beispiele aufgezeigt, wie das neue Schulsystem funktionieren soll. Im Mathematikunterricht werden die Kinder die Grundregeln des Schachspiels erlernen und der Informatikunterricht soll als Begleitung in allen Fächern eingeführt werden. Auch der Geschichtsunterricht wurde enger in den Fokus genommen und besonders geschützt werden. Wie genau das passieren soll, wird sich noch herausstellen.

Die Vorgänger sind an allem Schuld

Die Legitimierung schöpft Anna Zalewska nicht nur aus der Mehrheit ihrer Partei im Parlament, sondern auch aus der Kritik ihrer Vorgänger. Diese hätten in der Vergangenheit kleine Schulen aufgelöst und keine Alternativen angeboten. Die Schüler mussten lange Anfahrtswege in Kauf nehmen und verlören dadurch wertvolle Zeit ihres Lebens. Die kommende Reform ist natürlich Teil der „Guten Änderung“, wie das Motto der neuen Regierung um Beata Szydlo schon während der Wahlkampagne 2015 heißt. Deshalb werden die Kleinen  unterstützt, damit sie sich zu „einem wahrhaft echtem Fenster zur Welt“ entwickeln können.

Auch die Abgeordnete der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) Marzena Machałek sagte am Rednerpult, dass die Abgeordneten der Parteien PO und PSL das polnische Schulsystem zertört haben. Nun muss die regierende PiS alles wieder gerade biegen und dieser Verantwortung werde man sich stellen.  Man werde, so Machałek, nicht zulassen, dass die Schüler aufgeteilt werden in Bessere und Schlechtere. Die Vorgängerregierung habe das Schulsystem marode gemacht, sodass immer mehr private Schulen entstanden, weil die Eltern dem staatlichen Schulsystem nicht mehr trauten.

Viel Gegenwehr aus Politik und Gesellschaft

Die gesamte Opposition, die Kommunalverwaltungen und die Eltern sind gegen die Reform. Sie empfinden die Einführung mehr als ein Experiment an einer Materie, die Experimente nur sehr schlecht erträgt. Schließlich geht es um die Bildung der Jüngsten und die zukünftigen Steuerzahler. Damit diese im Erwachsenenleben auch in Polen bleiben, müssen sie ein positives Gefühl aus ihrer Schulzeit mitbringen. Diese Reform würde zu schnell durchgeführt werden und ist im Eiltempo auf „den Knien“ geschrieben.

Bild: Polnische Flagge // (cc) Lukas Plewnia [CC BY-SA 2.0] polen-heute.de/Flickr