Seit Monaten sorgt ein Flügelkampf in der regierenden rechtsliberalen Bürgerplattform (PO) für Unruhe. Schon im Oktober letzten Jahres überraschte die PO mit Uneinigkeit bei einer Abstimmung im polnischen Parlament (Sejm) über die rechtliche Regelung der Abtreibung. Ende Juli haben sich dann drei rechtskonservative PO-Abgeordnete bei einer Abstimmung zur Änderung des Staathaushaltes für 2013 gegen die Regierung ausgesprochen. Der vorläufige Showdown war letzte Woche Freitag, als das Wahlergebnis der parteiinternen Wahl zum PO-Vorsitzenden bekannt gegeben wurde.
Heute verkündete ein Abweichler, der evangelikale Pfarre John Godson, er wolle lieber als fraktionsloser Abgeordneter weiter wirken. Den Fraktionsaustritt verbindet Godson zugleich mit dem Austritt aus der Bürgerplattform. Nun fühle er sich besser, mit der Entscheidung habe er schon seit einem Jahr gespielt. Die Beweggründe seien gewesen weltanschauliche Fragen und Druck seitens der Partei.
John Godson gehört seit jeher zum rechten PO-Flügel – bekannt ist er für seine konservative Haltung gegenüber eingetragenen Partnerschaften, der In-Vitro-Fertilisation oder der Abtreibung. Nun hat die Regierung, bestehend aus einer Koalition zwischen PO und polnischer Bauernpartei (PSL) eine Mehrheit von zwei Stimmen (hier die aktuellen Mehrheitsverhältnisse im Sejm). Mit einem baldigen Regierungsumsturz ist jedoch nicht zu rechnen, da die Bürgerplattform für unterschiedliche Gesetzesvorhaben entweder kleinere linke oder rechte Parteien für sich gewinnen kann. Und sollte die Regierungsmehrheit kippen, bestehen weitere Koalitionsmöglichkeiten, mit denen die Regierung Tusk handlungsfähig bleibt.