Die Klage der Partei Deine Bewegung (TR), das Kreuz aus dem Parlament zu entfernen, wurde heute von einem Berufungsgericht abgelehnt. Laut Gerichtsentscheidung verletze dieses Symbol nicht das Recht auf Meinungs- und Konfessionsfreiheit; das Urteil ist rechtskräftig. Deine Bewegung kündigt jetzt einen Widerruf in Straßburg an.
Das Berufungsgericht in Warschau hat heute sein Urteil verkündet: das Kreuz darf im Plenarsaal des polnischen Parlaments (Sejm) bleiben. Die Klage der Partei Deine Bewegung (früher Palikot-Bewegung) wurde mit der Begründung abgelehnt, das Symbol löse selbst durch Blickkontakt bei einer Durchschnittsperson keine negativen oder die Meinung beeinflussenden Gefühle aus. Richterin Edyta Jefimko betonte auch, das lateinische Kreuz sei zwar vor allem ein religiöses Zeichen, man darf aber in Polen seine Rolle als Zeichen der Kultur und der nationalen Identität nicht unterschätzen.
Das heutige Urteil ist rechtskräftig. TR hat jetzt noch die Möglichkeit, eine Kassationsklage beim Obersten Gerichtshof anzustrengen und bei einem weiteren negativen Urteil ein Gerichtsverfahren beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg einzuleiten. Der TR-Vorsitzende Janusz Palikot kündigt jetzt an, nicht aufzugeben zu wollen und wenn es nötig sein sollte, die Klage auch nach Straßburg zu schicken.
Der Streit um das Kreuz im Plenarsaal wird seit dem Beginn der aktuellen Legislaturperiode von TR geführt. Von Kommentatoren wird TR als extrem antiklerikale Partei bezeichnet, die immer wieder die Notwendigkeit der staatlichen Säkularität betont. Das heutige Urteil haben die Mitglieder der Partei kritisiert und sagten unter anderem, dass zu den nationalen Symbolen die Fahne, das Wappen und die Hymne zählen, aber nicht das Kreuz. Sie haben jedoch nicht vor, selber das Kreuz in der Nacht zu entfernen (das ist eine Anspielung auf ein Ereignis vor 16 Jahren, als das Kreuz eines Nachts durch einen Abgeordneten der Wahlaktion Solidarnosc aufgehängt wurde).
Ein unnötiger Streit
Politiker anderer Parteien stimmen in dieser Frage miteinander überein – der Streit um das Kreuz sei unnötig, man hoffe auf eine endgültige Lösung. Premierminister Donald Tusk (Bürgerplattform, PO) zufolge können die Säkularität des Staates anders ausgedrückt werden. Sein Parteikollege Andrzej Hallicki war von Anfang an über die Klage verwundert, denn das Symbol habe nie jemanden gestört – höchstens zu einer Reflexion bewogen. Die Abgeordneten von Recht und Gerechtigkeit (PiS) sind der Meinung, die TR-Mitglieder tuen alles, um möglichst viel Lärm um sich herum zu machen, nur um die nachlassende Unterstützung in der Gesellschaft zu stoppen. Linken Parteien meinen dagegen, Deine Bewegung habe schon viel versprochen (zum Beispiel die Legalisierung von Marihuana oder das Gesetz über eingetragene Partnerschaften), bisher aber nichts erreicht.
Politiker und Kommentatoren verteidigen das heutige Urteil überwiegend auch mit der Meinung, das Kreuz sei nicht nur ein religiöses, sondern auch ein kulturelles und fest im polnischen Bewusstsein verankertes Symbol und auf keinen Fall verletze es irgendjemandes Gefühle oder Meinungsfreiheit.