Der Vorsitzende einer prorussischen Kleinpartei ist vom Geheimdienst verhaftet worden. Die Spionagevorwürfe werfen jedoch Zweifel auf.
Am 18. Mai 2016 wurde Mateusz Piskorski, der Vorsitzende einer polnischen Kleinpartei, vom Inlandsgeheimsdienst (ABW) festgenommen. Nach Zeugenberichten sollen ihn Maskierte aus seinem Auto gezerrt und dann verschleppt haben. Das Büro der Partei Zmiana (Wandel) wurde durchsucht, genauso wie die Privatwohnung des Politikers. Es kam zu Beschlagnahmungen von Material und weiteren vorläufigen Festnahmen.
Mateusz Piskorski wird vorgeworfen, für Russland spioniert zu haben. Doch scheinen die Vorwürfe eher fragwürdig, wie etwa Gazeta Wyborcza schreibt. Denn welcher Spion würde sich so sichtbar machen wie Mateusz Piskorski? Piskorsi war früher Abgeordneter der als linkspopulistisch eingestuften Samoobrona (Selbstverteidigung). Später trat er für die Partei der Arbeit an. In seiner neuen Partei Zmiana sammeln sich Strömungen, die abseits des polnischen Mainstream liegen. Die Partei setzt sich unter anderem für eine Abkehr von USA und NATO ein und fordert eine stärkere Hinwendung zu Russland.
Piskorski war oft in Moskau, aber auch in Belarus, und hat über die Politik dort berichtet. Seit langem ist er daher vom ABW überwacht worden. Warum er ausgerechnet jetzt verhaftet wurde, ist nicht klar. Möglicherweise befürchten Regierung und Sicherheitsdienste verstärkte Proteste in Polen, die sie mit allen Mitteln zu verhindern suchen. Die Partei spricht davon, dass Polen nun den „ersten politischen Gefangenen“ habe. Auch Rzeczpospolita und russiche Medien wie Sputnik und RussiaToday berichten über den Fall. Am heutigen Tag kam es zu einer Protestgebung zur Freilassung von Mateusz Piskorski vor der polnischen Botschaft in Berlin.
Bild: Polnische Flagge // (cc) Lukas Plewnia [CC BY-SA 2.0] / polen-heute.de/Flickr