Vor genau 60 Jahren haben sich Staatsvertreter sechs europäischer Länder getroffen, um die Römischen Verträge zu unterzeichnen. Somit legten sie den Grundstein für die Europäische Union.
Den 60. Jahrestag der Traktate von Rom haben dieses Jahr 27 EU-Länder gefeiert.
Trotz des anfänglichen Widerstands aus Polen ist die Abschlusserklärung beim EU-Gipfel in Rom letztes Wochenende unterzeichnet worden. Alle EU-Mitglieder versichern sich ihren Zusammenhalt, sind sich jedoch nicht einig, wohin und wie schnell sich das künftige Europa entwickeln soll.
Europa: vier Grundfreiheiten
Die Römischen Verträge sind eine Erfolgsgeschichte, da sie den EU-Bürgern Waren- und Dienstleistungsfreiheit, Kapitalverkehrsfreiheit und Reise- und Niederlassungsfreiheit gewährleisten, die dermaßen nie zuvor bekannt waren. Bisher besitzen alle EU-Länder den selben Integrationsstand in allen Bereichen der gemeinsamen Politik. Das mag sich (aber) angesichts der derzeitigen Sinnkrise in der Europäische Staatengemeinschaft ändern.
An Ideen, wie die Europäische Gemeinschaft von einem voranschreitenden Verfall gerettet werden könnte, fehlt es aber nicht. Sehr beliebt ist unter anderem das Konzept des „Europa verschiedener Geschwindigkeiten“, das zuletzt von Angela Merkel und Francois Hollande sehr stark beworben wurde.
Diese Strategie sollte die Dynamik der künftigen EU bestimmen. Anders als bisher sollten die abgestufte Integration und „Europa à la carte“ im Mittelpunkt stehen. Außerdem wird den weniger integrationswilligen Ländern mehr Entscheidungsfreiheit angeboten.
Einheit und Unteilbarkeit Europas
Das neue Konzept von Zusammenarbeit, die laut Merkel und Hollande der EU-Politik einen Schwung verleihen sollte, wird jedoch in Polen sehr stark kritisiert. Die polnische Regierung hat sich eindeutig gegen das Europa „vieler Geschwindigkeiten“ eingesetzt und somit anfänglich abgelehnt, die Erklärung des EU-Jubiläumsgipfels zu unterzeichnen. Doch nach mehreren Gesprächen ist die Einheit und Unteilbarkeit Europas in die Abschlusserklärung des 60. Jahrestages hinzugefügt, was die polnische Regierung als einen Sieg betrachtet. Somit gab die Regierung in Warschau ihren Widerstand gegen die Abschlusserklärung auf. Die EU-Erklärung konnte unterzeichnet werden.
„Geist der Gemeinsamkeit“
„Wir haben zugleich um etwas Größeres gekämpft, nicht nur diesen Text, sondern um eine bestimmte Atmosphäre, ein bestimmtes Klima dieses Gipfels“, sagte Szydlo. Diese Aussage bezieht sich vermutlich auf die Sorgen der polnischen Regierung, bei der künftigen EU-Integration abgehängt zu werden. Es mag sein, dass dies auch die Mehrheit der polnischen Bürger befürchten, die laut einer Umfrage von IPSOS zu 77 Prozent von Europa begeistert sind.
Abgesehen vom großen Europa-Enthusiasmus fordert die Regierung in Warschau, dass sich die EU vor allem um den Binnenmarkt, Sicherheit und Verteidigung der EU-Mitgliedstaaten kümmert, ohne sich in die inneren Angelegenheiten einzelner Länder einzumischen. Beschränkter Einfluss der EU auf die Innenpolitik und ein niedrigerer Integrationsaufwand haben viel gemeinsam mit dem Konzept „Europa verschiedener Geschwindigkeiten“, das Polen jedoch eindeutig ablehnt.
Trotz der Meinungsverschiedenheiten habe das Treffen in Rom einen „Geist der Gemeinsamkeit“ ausgezeichnet, betonte Bundeskanzlerin Merkel. Möglicherweise hat der Gipfel in Rom zu einer erneuten Debatte über die Zukunft der EU angestoßen.
Bild: Europaflagge // (cc) Lukas Plewnia [CC BY-SA 2.0] / Flickr, polen-heute.de