Agitation gegen Minderheiten, geliehenes Geld aus unbekannter Quelle und ein Papstbesuch in der Kritik. Kurz gesagt: Polen steht unmittelbar vor den Europawahlen, die Schlammschlacht hat begonnen. Gut weg kommt dabei keiner und Umfragen zeigen keinen eindeutigen Trend.
Die heiße Phase des Europawahlkampfes ist in Polen mit den Händen greifbar. Vor einigen Tagen erst geriet Ex-Präsident und Ikone der polnischen Linken Aleksander Kwasniewski aufgrund seines Engagements bei einem ukrainischen Erdgasproduzenten in Bedrängnis. Und Janusz Korwin-Mikke, Vorsitzender des ultraliberalen Kongresses der Neuen Rechten (KNP), produziert seit einigen Wochen Schlagzeilen, indem er so ziemlich gegen jede Minderheit und gesellschaftliche Randgruppe in Polen wettert. Der Mann, der gerne den Öffentlichen Personennahverkehr abschaffen würde, erlangt langsam auch über die Grenzen des Landes hinaus Bekanntheit. Zum Beispiel widmete ihm The Telegraph heute einen Artikel.
Doch das Rennen wird in Polen nicht auf der linken Seite gemacht und auch nicht am rechten Rand. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern sich die rechtsklerikale Recht und Gerechtigkeit (PiS) mit der regierenden konservativen Bürgerplattform (PO); beide Parteien stehen leicht rechts von der Mitte, obwohl ihre Rhetorik manchmal auf eine andere Ausrichtung schließen lässt. Und auch hier wird der Ton schärfer. Gestern warfen Oppositionspolitiker Premierminister Donald Tusk (PO) vor, er habe sich aus wahlkampftaktischen Erwägungen heraus von Papst Franziskus empfangen lassen.
Jetzt ist wiederum Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski (PiS) an der Reihe. Das Wochenmagazin Newsweek schrieb gestern, dass Kaczynski sich vor über zwei Jahren ca. 50.000 Euro geliehen habe, jedoch keine näheren Angaben dazu bekannt seien. Der frühere Premierminister sagte daraufhin auf einer Pressekonferenz, er müsse keine Auskunft über die Gläubiger geben. Des Weiteren seien die Schulden privat aufgenommen worden.
Kein klarer Trend
Auch bei Wahlumfragen scheint sich kein klarer Trend herauszubilden. Während noch vor einiger Zeit Recht und Gerechtigkeit vorne lag, hat nun die Bürgerplattform aufgeholt. Eine heute veröffentlichte CBOS-Umfrage sieht die PO mit 26 Prozent an der Spitze, dicht gefolgt von PiS mit 21 Prozent. Acht Prozent Zustimmung erhält der Bund der Demokratischen Linken (SLD). Die Fünf-Prozent-Hürde würde demnach nur noch die konservative Bauernpartei (PSL) nehmen.
Doch Wahlumfragen können täuschen, oft werden dabei kleinere Parteien unterschätzt. Die linksliberale Partei Deine Bewegung (TR), früher Palikot-Bewegung, hat Ende 2011 aus dem Stand heraus 10 Prozent bei den Parlamentswahlen erreicht, obwohl die Umfragen bei weitem nicht so gut waren. Der Ausgang der Wahlen bleibt also offen; die letzten Tage können noch spannend werden und sich zu einer veritablen Schlammschlacht entwickeln.