Die neue Ministerpräsidentin Ewa Kopacz hat im Parlament ihr Regierungsprogramm vorgestellt. Bis 2020 will sie das Steuersystem vereinfachen, die Infrastruktur ausbauen und den Wehretat erhöhen. Nach Kopacz‘ Rede kam es abseits des Rednerpultes zu einer kleinen Sensation.
Heute hat die neue Ministerpräsidentin Ewa Kopacz (Bürgerplattform, PO) ihr Regierungsprogramm vorgestellt. Bis zu den nächsten Wahlen 2016 – und darüberhinaus – stehen ehrgeizige Projekte an:
- eine einfachere und gerechtere Steuerordnung
- eine Verkürzung der Wartezeiten bei Fachärzten, in dem u.a. rund 3.500 Fachärzte durch das Staatsbudget weitergebildet werden sollen
- Ausbau der Infrastruktur bis 2020: rund 1.800 km Autobahn und Schnellstraßen, darunter:
- die komplette Umgehung von Warschau durch Schnellstraßen
- die Fertigstellung von Schnellstraßen aus Warschau nach Lublin (S17), Danzig und Krakau (S7) sowie Bialystok und Breslau (S8)
- den Wehretat bis 2016 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes erhöhen (ein Plus von rund 200 Mio. € jährlich)
- die Ausgaben für Wissenschaft bis 2020 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes erhöhen
- den Ausbau von Krippenplätzen forcieren (Ausgaben: 2015 von 10 auf 20 Mio € erhöhen, bis 2020 rund 500 Mio. €)
- die Einführung eines Programms, dass allen Polen kostenlose Rechtsberatung garantiert
- Elternzeit für alle, egal nach welchen Verträgen sie arbeiten
- die Finanzierung von Auslandsaufenthalten für Studenten, wenn sie sich verpflichten, nach Abschluss fünf Jahre in Polen zu arbeiten
- eine Debatte über die Euroeinführung initiieren und für „stabile Staatsfinanzen“ sorgen
Das Programm kann als sehr ambitioniert bezeichnet werden, findet aber sogar Unterstützer in der Opposition. Janusz Palikot (Deine Bewegung, TR) sagte zu, dass seine Fraktion bei der Vertrauensfrage für Kopacz stimmen werden. Der Bund der Demokratischen Linken (SLD) allerdings wird um 19 Uhr gegen die neue Regierung stimmen. Auch die rechte Opposition sieht in dem Regierungsprogramm eher eine Liste künftig gebrochener Versprechen und Wünsche.
Sensation abseits des Rednerpults
Zu Beginn ihrer Ansprache forderte Ewa Kopacz Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski (Recht und Gerechtigkeit, PiS) auf, „die Verbissenheit zu durchbrechen“ und „den Fluch des Hasses in Polen zu brechen“. Im Anschluss an die Rede kam es tatsächlich zu einer kleinen Sensation: Jaroslaw Kaczynski erhob sich von seinem Platz und ging auf den ehemaligen Ministerpräsidenten Donald Tusk, der nicht mehr auf der Regierungsbank, sondern im Plenum saß, zu. Die beiden Männer wechselten kurz ein paar Worte und schüttelten sich – erstmal nach vielen Jahren – die Hände.
Kaczynski sagte später, er habe Tusk gesagt, dass er nicht glauben solle, dass er ihn hasse. Auch habe er dem nach Brüssel gehenden Politiker alles Gute gewünscht. Tusk bestätigte vor Reportern, dass Kaczynski ihm „mit einem menschlichen Lächeln“ viel Erfolg gewünscht habe. Diese Geste könne man gut und gerne als politische Sensation oder gar als Wunder verbuchen, so der Ex-Premier.