Heute ist der erste Ministerpräsident der Dritten Polnischen Republik Tadeusz Mazowiecki verstorben. Während seiner knapp über einjährigen Regierungszeit machte Polen den schweren Wandel zur Marktwirtschaft durch. Noch heute sind die politischen und wirtschaftlichen Folgen von Mazowieckis Handeln in Polen sichtbar.
Heute ist im Alter von 86 Jahre der erste Ministerpräsident der Dritten Polnischen Republik Tadeusz Mazowiecki verstorben. Mazowiecki war von August 1989 bis Dezember 1990 Regierungschef im postkommunistischen Polen. Zuvor war er als Publizist und Zeitungsredakteur für verschiedene Medien, besonders im katholischen Lager, tätig. Mazowiecki solidarisierte sich früh mit dem Streik der Solidarnosc und war neben Lech Walesa eine wichtige Persönlichkeit bei den Gesprächen am „Runden Tisch“.
Schließlich wurde er als Kompromisskandidat für die Wahl zum Ministerpräsidenten aufgestellt, trat aber bereits nach etwas über einem Jahr zurück. Grund war seine Niederlage bei der Präsidentschaftswahl gegen Lech Walesa, mit dem er sich inzwischen überworfen hatte. Dieser „Krieg an der Spitze“ führte zur Spaltung des Solidarnosc-Lagers in „Linke“ (Mazowiecki, Adam Michnik) und „Rechte“ (Walesa, Jaroslaw Kaczynski). Diese Spaltung prägt noch heute die politische Landschaft in Polen.
Kurze, aber einschneidende Regierungszeit
Mazowieckis Regierungszeit ist zwar kurz, aber einschneidend gewesen. So setzte er maßgeblich durch, dass Religion wieder in den polnischen Schulen unterrichtet wird. In seiner Antrittsrede sprach er von einer „dicken Linie“, die er unter die Vergangenheit ziehen wolle. Dieses war ihm immer wieder von rechten Politikern als Milde gegenüber den kommunistischen Funktionären und den Sicherheitsorganen ausgelegt worden. Mazowieckis Regierung ließ tatsächlich zunächst viele ehemalige Funktionäre in ihren Ämtern, um den Systemwandel reibungslos über die Bühne zu bringen. Damit setzte er sich gegen das rechte Solidarnosc-Lager durch, das eine Abrechnung und einen völligen Bruch mit der Vergangenheit verlangte – und es bis heute fordert.
Auf der anderen Seite wurde unter Mazowieckis Finanzminister Leszek Balcerowicz die Marktwirtschaft quasi über Nacht mittels einer „Schocktherapie“ eingeführt. Innerhalb weniger Wochen wurde eine neue Währung ausgegeben, Staatsunternehmen privatisiert und die Preisgestaltung freigegeben. Weil dieser gewaltsame Übergang auch viele negative soziale Folgen (Rezession, Reallohnverlust, Arbeitslosigkeit und Verlust an Lebensstandard) hatte, wurde er später in Teilen abgemildert. Mazowiecki war zu dem Zeitpunkt bereits aus der Regierung ausgeschieden und wurde nach einiger Zeit als Abgeordneter verschiedener christdemokratischer Parteien UN-Sonderbotschafter in Jugoslawien. Zuletzt war er Berater des polnischen Staatspräsidenten Bronislaw Komorowski.
Mazowiecki wird am Sonntag mit einem Staatsbegräbnis in Warschau beigesetzt.