Zwei Ereignisse der letzten Woche bewegen zurzeit die politische Szene in Polen, wobei sich zumindest in einem Fall weitergehende Auswirkungen in naher Zukunft ergeben könnten. Zum einen gab es letzte Woche vermehrt Berichte um Prämienzahlungen an das Präsidium des polnischen Parlamentes (Sejm), die aufgrund des öffentlichen Drucks von dessen Mitgliedern für wohltätige Zwecke gespendet werden müssen. Wanda Nowicka, die Vertreterin der Palikot-Bewegung (RP) im Präsidium, wird deswegen jedoch demnächst ihren Posten verlieren – die Palikot-Bewegung hat einen Antrag für ihre Abberufung gestellt. Heute ist jedoch bekannt geworden, dass Nowicka im Gegenzug einen sicheren Listenplatz für die kommende Wahl zum EU-Parlament erhalten soll. Die Funktion in Brüssel ist wesentlich höher dotiert als ihr derzeitiger Posten in Polen. Die Partei bekräftigt, dass beide Sachverhalte nichts mit einander zu tun haben.
Das zweite Ereignis betrifft die Abstimmungen über eingetragene Partnerschaften, die auch homosexuelle Beziehungen berücksichtigt. Bei den Abstimmungen hatte sich der Justizminister Jaroslaw Gowin auch gegen die Gesetzesinitiative der Regierungspartei Bürgerplattform (PO) gestellt. Heute sagte Premierminister Donald Tusk auf einer Pressekonferenz in Bezug auf Gowins Meinungsäußerung, dass er „volle Loyalität von seinen Mitarbeitern“ erwarten wird. Auch wolle er das Verhalten des Ministers analysieren. Nun spekulieren die meinungsführenden Medien in Polen über die Abberufung von Gowin, was zu Verwerfungen in der PO führen könnte. Denn Gowin repräsentiert den rechts-konservativen Flügel der Partei – bei einer Abberufung könnte der Justizminister eine neue Partei gründen und sich mit mehr als 40 Parlamentariern von der PO abspalten, die dann die Regierungsmehrheit verlieren würde, die zurzeit sehr knapp, aber stabil ist. Dieses Szenario ist nicht unwahrscheinlich, da politische Transfers in der polnischen Politik zum Alltag gehören, wie der Falle des Abgeordneten Andrzej Dabrowski erst kürzlich sichtbar machte.