Gewerkschaftsvertreter Piotr Duda drohte heute in Warschau mit einem Generalstreik. Damit verhärtet sich die Auseinandersetzung zwischen Gewerkschaften und Regierung. Die Eskalation erscheint wahrscheinlich.
Polen hat eine ausgeprägte gewerkschaftliche Tradition, obwohl nur die wenigsten Arbeitnehmer Mitglied einer solchen sind. Beim Umsturz des kommunistischen Regimes spielte die Gewerkschaft Solidarnosc (Solidarität) eine zentrale Rolle. Lech Walesa, ihr Anführer, erlangte in dieser Zeit Weltberühmtheit – daher kommt auch die anhaltende gesellschaftliches Bedeutung und mediale Aufmerksamkeit der Gewerkschaften.
Und die Kampflust ist seit Ende der 1980er Jahre nicht geringer geworden. Erst Mitte September 2013 haben die der großen Gewerkschaften Solidarnosc, OPZZ und FZZ vier Tage lang Warschau belagert und mit täglichen Demonstrationen Aufmerksamkeit erzeugt. Ihr Zeltlager schlugen sie vor dem polnischen Parlament (Sejm) auf. Die Proteste verliefen friedlich, doch die Vorsitzenden drohten, es werde nicht immer so bleiben, wenn grundsätzliche Forderungen unter anderem in Bezug auf die Arbeitsbedingungen nicht erfüllt werden würden.
Duda kampfeslustig
Piotr Duda, seines Zeichens Vorsitzender der Solidarnosc, kündigte heute an, es werde Generalstreiks geben, wenn die Regierung die Bedingungen der Gewerkschafter nicht erfüllt. Konkret geht es um das Abschaffen der Scheinselbständigkeit (sogenannte „Müllverträge“), das Absenken des auf 67 Jahre angehobenen Rentenalters sowie eine bessere soziale Absicherung für die ärmsten Gesellschaftsmitglieder. Hierbei kämpft Duda mit Jan Guz (OPZZ-Vorsitzender) und Tadeusz Chwalka (FZZ-Vorsitzender) zusammen.
Für gewöhnlich sind die Gespräche zwischen Gewerkschaften, Arbeitgebervertretern und der Regierung in der Dreiseitigen Kommission institutionalisiert, die sich regelmäßig zu Gesprächen trifft. Doch schon seit einigen Monaten boykottieren die Gewerkschaften diese Sitzungen – die heutige Sitzung wurde von gewerkschaftlichen Protestlern vor dem Veranstaltungsgebäude begleitet.
Eine Eskalation des Streits zwischen Gewerkschaften und Regierung könnte nicht nur Warschau, sondern das ganze Land paralysieren. Dies erscheint wahrscheinlich, da sich Premierminister Donald Tusk (Bürgerplattform, PO) uneinsichtig zeigt, die Gewerkschaften jedoch immer besser organisiert sind und stetig wachsenden gesellschaftlichen Zuspruch erlangen.