Die Europawahl ist zu Ende, jetzt beginnt der Kampf innerhalb der Europäischen Union um die wichtigsten Posten. Seit gestern sind in Polen zwei Köpfe im Gespräch: Premier Tusk und Außenminister Sikorski. Doch ist ihr Erfolg auf der europäischen Bühne wahrscheinlich?
Das Personenkarussell dreht sich nach den Europawahlen. Vorgestern wurde Jean-Claude Juncker zum Kommissionspräsidenten gewählt. Obwohl die Christdemokraten die Wahlen klar gewannen und der 59-Jährige als Spitzenkandidat antrat, war seine Wahl längst nicht sicher – hinter den Kulissen schien es zu brodeln.
Auch für Polen, ein vergleichsweise junges EU-Mitglied, ist das Personengeschacher an der Spitze von Bedeutung. Und gerade weil der gestrige EU-Gipfel in Brüssel keine – zumindest offiziellen – Fortschritte brachte, sind die Hoffnungen der polnischen Regierung auf wichtige Posten weiter groß. Heiß gehandelt werden dabei Polens Premierminister Donald Tusk und Außenminister Radoslaw Sikorski (beide Bürgerplattform, PO). Tusk soll demnach Nachfolger von Herman Van Rompuy werden und den Posten des Vorsitzenden des Europäischen Rates übernehmen. Sikorski hingegen wird der Posten des EU-Außenministers zugetraut.
Eher geringe Aussichten
Die Regierung Tusk bewährte sich, im Gegensatz zur Vorgängerregierung um Jaroslaw Kaczynski (Recht und Gerechtigkeit, PiS), als solider Partner innerhalb der Staatengemeinschaft. Sikorski gilt in der westlichen Politszene als Krisenmanager, der mal schnell mit anderen Außenministern in die Ukraine fliegt, um dort für Ruhe zu sorgen.
Gegen Tusk spricht seine schon seit vielen Jahren geäußerte Meinung, er wolle lieber die realen Entwicklungen in seinem Land beeinflussen und eben nicht auf europäischer Ebene von der Lebenswirklichkeit der Bürger losgelöste Politik machen. Sikorski hingegen könnte am Verteilerschlüssel scheitern, denn letztendlich könnte die Position des quasi EU-Außenministers an eine Frau mit sozialdemokratischem Hintergrund gehen. Zudem stehen beide Politiker durch die aktuelle Abhöraffäre innenpolitisch unter Druck. Deswegen wäre die Erlangung eines der Ämter international wohl eine Überraschung und für Tusk womöglich ein Befreiungsschlag, der ihm über die innenpolitischen Probleme hinweg helfen würde.
Bild 2: Radoslaw Sikorski // (cc) Lukas Plewnia/Friedrich-Ebert-Stiftung Warschau [CC BY-NC-ND 2.0]