Das Schächten bleibt in Polen ein heiß umstrittenes Thema. Nachdem ein Gesetz zur Legalisierung dieser Praktik nicht durch das Parlament kam, herrscht weiter Uneinigkeit zwischen Tierschützern und Gläubigen. Heute kam es im polnischen Dorf Bohoniki zu tumultartigen Szenen.
Seit mehreren Monaten tobt in Polen ein Kampf um die rituelle Schächtung – Ende November 2012 hat das polnische Verfassungsgericht diese Praktik als nicht legal eingestuft und sie zu Beginn des Jahres verboten. Demnach darf Tieren „nur ein Minimum an physischem und psychischem Leid zugefügt werden.” Somit ist eine Tötung nur nach vorheriger Betäubung erlaubt.
Nach dem Urteil kündigten Regierung und insbesondere Landwirtschaftsminister Stanislaw Kalemba (polnische Bauernpartei, PSL) an, eine Gesetzesnovelle auf den Weg zu bringen, die das Schächten legalisiert. Befürchtet werden wirtschaftliche Einbußen und die Einschränkung der Religionsfreiheit. Nach Medienberichten wurde 2011 ca. ein Drittel des aus Polen exportierten Fleisches durch das Schächten hergestellt; 2012 ging der Wert jedoch etwas zurück.
Doch die Legalisierung der Tötung von Tieren durch Ausbluten bei vollem Bewusstsein gelang nicht, als Mitte Juli das Gesetzesvorhaben im polnischen Parlament zur Abstimmung stand. Die Fraktion der regierenden rechtsliberalen Bürgerplattform (PO) blieb geteilt – in Polen wie in Deutschland herrscht bei Gewissensfragen kein Fraktionszwang. Eine Regierungsmehrheit konnte nicht hergestellt werden.
Tierschützer vs. Gläubige
Die rechtliche Situation ist somit noch immer nicht abschließend geklärt – dieses Jahr sind zudem vereinzelt Fälle von ritueller Schächtung bekannt geworden, die nicht von der Staatsanwaltschaft verfolgt worden sind. Und heute ist es in dem Dort Bohoniki (ca. 100 Einwohner) in der Woiwodschaft Podlachien (an der weißrussischen Grenze) zu tumultartigen Szenen gekommen. Es ging um das Schächten von Tieren beim Opferfest, dem höchsten Fest der islamischen Glaubensgemeinschaft.
Die Tierschützer der Organisation OTOZ Animals versuchten, auf das Gelände zu gelangen, auf dem die Schächtung begangen wurde. Dieses wurde von Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft unterbunden. Daraufhin kündigte ein Vertreter der Organisation an, man werde Anzeige erstatten. Die Gläubigen hingegen weisen darauf hin, dass sie in Besitz von rechtlichen Gutachten sind, die nahelegen, dass in Polen kein Verbot des Schächtens bestehe. Auch respektiere Polen nicht eine EU-Verordnung, nach der das Schächten erlaubt sei.