Polen bezieht seit 1996 Gas aus Russland. Dieser Vertrag läuft im Jahre 2022 aus und soll nach Aussage des Regierungsbeauftragten Piotr Namski nicht mehr verlängert werden. Es stellt sich natürlich die Frage, woher Polen sonst die azurblaue Energie hernehmen wird. Gazprom hingegen ist sehr erstaunt über diese Mitteilung.
Polen verbraucht jährlich ca. 15 Milliarden Kubikmeter Gas. Um diese Nachfrage stillen zu können, müssen langfristige Gaslieferungsverträge mit dem russischen Konzern Gazprom abgeschlossen werden. Der letzte Vertrag wurde 1996 von Wlodzimierz Cimoszewicz im Namen der polnischen Regierung abgeschlossen und verpflichtete Polen zur Abnahme von mindestens neun Milliarden Kubikmeter Gas jährlich.
Alternativen für Polen
Das hat eine Abhängigkeit von Russland zur Folge, die die regierende PiS (Recht und Gerechtigkeit) nicht weiter hinnehmen will. Piotr Namski, der Regierungsbeauftragte in Sachen Strategie in der Energieinfrastruktur, setzte diese Information in die Welt und erklärte dabei auch welche Alternativen Polen bleiben, um die neun Milliarden Kubikmeter Gas aus anderen Quellen zu gewinnen: Allein das Flüssiggasterminal in Swinoujscie (Swinemünde) ermögliche den Import von fünf Milliarden Kubikmeter Gas aus Ländern wie Katar. Weitere vier Milliarden Kubikmeter erhalte man durch die heimische Produktion. Des Weiteren soll noch dieses Jahr der Bau der Pommerschen Gaspipeline verkündet werden. Mit dieser könnte man bis zu zehn Milliarden Kubikmeter aus Norwegen beziehen.
Gazprom hingegen kommentierte dieses Vorgehen sehr zurückhaltend. Zwar sei man erstaunt, doch stehe es jedem frei seinen Gasimport selbst zu bestimmen. Man werde also keine dem Vertrag von 1996 entgegenstehenden Handlungen vornehmen und Polen weiterhin wie üblich mit Gas beliefern.
(Energie)-Unabhängigkeit von Russland?
Die Option nun endlich unabhängig von russischen Gaslieferungen zu sein scheint auch von Experten in Polen ernsthaft in Erwägung gezogen zu werden. Zwar bleibt noch bleibt viel Zeit, um dieses Projekt in die Tat umzusetzen, doch muss jetzt schon daran gearbeitet werden, um es auch bis 2022 zu schaffen.
Es gibt allerdings auch Kritiker dieses Unabhängigkeitsbestrebens. Man befürchtet, dass Russland zu sehr in die Enge gedrängt und so zu irrationalen Handlungen gezwungen werde könnte. Es wird auch explizit betont, dass eine relative Unabhängigkeit schon bestehe. Der Drang nach einer absoluten Unabhängigkeit würde zu hohe Kosten nach sich ziehen. Insbesondere geht es darum, dass Russland sowieso schon um jeden Abnehmer mit Preissenkungen kämpfen muss und zum anderen Polen durch das immer dichtere Pipeline-Netz sein Gas aus Drittländern bekommen kann.
Es mag stimmen, dass der Bau des Terminals einen zu hohen Preis darstellt. Vielleicht geht die polnische Regierung zu emotional mit dieser Angelegenheit um. Russland hingegen ist ebenfalls unberechenbar in seinen Entscheidungen. Die Welt hat schon einige politische Streitigkeiten in dieser Hinsicht erlebt. Die Abwägung zwischen der Unabhängigkeit von russischen Gaslieferungen und finanzieller Ausgewogenheit ist nicht einfach. Insbesondere dann nicht, wenn sich dabei Polen und Russland gegenüberstehen.
Bild: Russische Flagge