Die Situation in Kiew bleibt angespannt und unübersichtlich – es sind die brutalsten Auseinandersetzungen seit dem Beginn der Demonstrationen. Die Ereignisse regten in Polen eine breite Debatte unter Politikern an, auf einer spontanen Kundgebung demonstrierten heute Bürger in Warschau.
Heute finden die brutalsten Auseinandersetzungen in Kiew seit Beginn der regierungskritischen Demonstrationen statt. Bürgerkriegsähnliche Szenen spielen sich auf dem Majadan ab, von mindestens zehn Toten berichten polnische Medien und die Situation ist weit entfernt von einer Entspannung. Insgesamt sollen 20.000 Demonstranten in die Kämpfe verwickelt sein, die Polizei versucht erfolglos, den Majdan zu räumen.
Die Situation ist im ganzen Land instabil – ein Bürgerkrieg scheint nicht unwahrscheinlich, sollte die aktuelle Führung nicht einlenken wollen. Auf jeden Fall können die Ukrainer nicht mehr mit einer friedlichen Machtübergabe rechnen.
Diskussion in Polen
Polnische Spitzenpolitiker waren heute nicht in Kiew, wie etwa Anfang Dezember. Dafür kommentierten diese umso intensiver in den polnischen Medien die Lage beim östlichen Nachbarn Polens. Wlodzimierz Cimoszewicz, ehemaliger Premierminister, sagte heute in einem Fernsehinterview, er glaube nicht an eine Eskalation der Gewalt. Damit würde Präsident Wiktor Janukowytsch auf der internationalen Arena geächtet werden. Cimoszewicz ist sich jedoch auch nicht sicher, wie sich die Situation entwickeln wird.
Außenminister Radoslaw Sikorski kündigte im polnischen Fernsehen Konsequenzen an, blieb aber unbestimmt und will die Situation erst in Ruhe analysieren. Der Oppositionsführer und Vorsitzende der rechtsklerikalen Recht und Gerechtigkeit (PiS) Jaroslaw Kaczynski rief indes die polnische Regierung zum Handeln auf. Sie solle „unverzüglich die diplomatische Initiative ergreifen, um weiteres Blutvergießen zu vermeiden.“
Auch die polnische Zivilbevölkerung nimmt Anteil an den Ausschreitungen in der Ukraine. Heute Abend versammelten sich mehr als hundert Menschen zu einer spontanen Kundgebung vor der ukrainischen Botschaft in Warschau. Die Demonstranten riefen regierungskritische Parolen, zündeten Kerzen an und bekundeten ihren Unmut über die Kämpfe in Kiew.