Die Vereinbarung zwischen Regierung und Opposition in Kiew ist auch unter Mithilfe des polnischen Außenministers zustande gekommen. Sikorski beschreibt in einem Interview die Atmosphäre der Verhandlungen. Doch der Kompromiss bleibt fragil, radikale Teile der Demonstranten wollen ihn nicht annehmen.
Die gestern in Kiew zwischen der ukrainischen Regierung und der Opposition geschlossene Vereinbarung war unter Mithilfe des polnischen Außenministers zustande gekommen. Radoslaw Sikorski war mit seinem deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier vor Ort, um ein Ende der blutigen Auseinandersetzungen auf dem Majdan zu erreichen. Das scheint vorerst geglückt zu sein.
Präsident Wiktor Janukowytsch ist offenbar nach Kharkow ausgereist, eine Stadt im östlichen, vorwiegend russischsprachigen Teil der Ukraine. In seiner Partei der Regionen scheint es erste Auflösungserscheinungen zu geben, einige Abgeordnete haben Partei und Fraktion verlassen.
Derweil hat Radoslaw Sikorski in einem Interview die Verhandlungen beschrieben. Darin spricht er über eine Atmosphäre, in der alle Beteiligten engagiert an Lösungen gearbeitet hätten. Wiktor Janukowytsch wäre in einem Moment sehr blass geworden, hätte nach mehreren Gesprächen mit Wladimir Putin, Angela Merkel und Joe Biden aber schließlich das vorgezogene Ende seiner Amtszeit akzeptiert.
Sikorski: Alle arbeiteten hart
Sikorski erzählt auch, wie er und Steinmeier noch auf den Majdan geeilt sind, um den sogenannten „Majdan-Rat“ von der Zustimmung zum Kompromiss zu überzeugen. Nach Sikorskis Aussagen sollen viele Fragen gestellt und hitzige Debatten geführt worden sein. Glücklicherweise hätte der Rat das Verhandlungsergebnis aber mit 34 zu zwei Stimmen angenommen. Tatsächlich dürfte Sikorski aber auch gute Argumente gehabt haben: In einem Video, das im Internet kursiert, ist zu sehen, wie er der Opposition einschärft, den Kompromiss anzunehmen. „Wenn ihr dies nicht unterstützt, werdet ihr Kriegsrecht haben, die Armee – ihr werdet alle tot sein“, ist dem Video zu entnehmen.
Gleichzeitig ist noch nicht klar, ob der geschlossene Kompromiss (Neuwahlen bis spätestens Dezember, Rückkehr zur Verfassung von 2004 und Entwaffnung der Demonstranten) überhaupt lange hält. Die radikalen Teile der Protestierenden lehnen ihn ab. Sie hatten die Oppositionsführer bei der Verkündung des Verhandlungsergebnisses ausgepfiffen. Der sogenannte „Rechte Block“, eine militante Gruppe aus Ultranationalisten, Faschisten und Fußballhooligans, fordert weiterhin den Rücktritt von Janukowytsch.