Gesellschaftliche Themen geraten in Polen häufig in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auf der einen Seite kämpfen Vertreter von klerikal-konservativen Strömungen dafür, kirchliche Werte und Doktrinen allgemeinverbindlich zu machen – Polen hat zum Beispiel eines der strengsten Abtreibungsgesetze in ganz Europa. Auf der anderen Seite bemühen sich Liberale und Linke darum, den als zu stark bewerteten Einfluss der Kirche zurückzudrängen.
Eine solche Schlacht ist jetzt wieder geschlagen worden: Es geht um ein Kreuz, dass im polnischen Parlament (Sejm) an relativ prominenter Stelle hängt (siehe Bilder). Es wurde 1997 nachts ohne rechtliche Grundlage von konservativen Abgeordneten der heute nicht mehr bestehenden Parteien Wahlaktion Solidarnosc (AWS) und Demokratische Union (UW) aufgehängt. Das Kreuz ist den Parlamentariern von der Mutter des Priesters Jerzy Popieluszko überreicht worden. Popieluszko ist nahezu ein Heiliger in Polen – er hatte sich während des Kommunismus für die Solidarnosc eingesetzt und wurde von der polnischen Staatssicherheit 1984 ermordet.
Die Linke (SLD) legte kurz drauf Beschwerde dagegen ein, diese blieb jedoch erfolglos. Darüber hinaus hatte das Kreuz im Parlament eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz, was Umfragen belegten. 2011 hatte die links-liberale Palikot-Bewegung (RP) auch erfolglos gegen das Kreuz Beschwerde eingelegt. Daraufhin haben sieben Abgeordnete der Partei einen Zivilprozess gegen die Sejm-Kanzlei angestrebt mit der Forderung, dass das Kreuz entfernt werden soll. Die Abgeordneten argumentierten, dass es gegen die verfassungsmäßige Trennung zwischen Kirche und Staat verstößt.
Heute hat das zuständige Gericht in Warschau am ersten Verhandlungstag die Klage abgewiesen. Die Begründung war, dass das Kreuz nicht die Persönlichkeitsrechte in Bezug auf die Gewissensfreiheit einschränkt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, die Abgeordneten wollen in Berufung gehen.