Linke mobilisiert gegen Wahlreform

Die Linke in Polen mobilisiert gegen die Wahlreform per Volksentscheid. Sie befürchtet einen Bedeutungsverlust, wenn das Mehrheitswahlrecht eingeführt wird. Vor allem im Internet soll daher Überzeugungsarbeit geleistet werden. Noch ist aber unklar, wie groß die Zustimmung zur Reform in der Bevölkerung überhaupt ist.

Leszek Miller (2013) // (cc) Lukas Plewnia / Polen Heute [CC BY-SA 2.0] / FlickrAm 06. September werden die Polen darüber abstimmen, ob sie bei Parlamentswahlen das Mehrheitswahlrecht haben möchten. Dann würde in den Wahlkreisen nur der Erstplatzierte in den Sejm einziehen (im Polnischen heißen diese Wahlbezirke abgekürzt JOW). Einen Proporz für die anderen Parteien würde es nicht geben. Ein bekannter Anhänger dieser Idee ist der rechte Rockmusiker Pawel Kukiz, der bei den Präsidentschaftswahlen im Mai überraschend gut abschnitt. Um dessen Wähler für sich abzuwerben, hat der scheidende Präsident Bronislaw Komorowski einen Volksentscheid über die JOWs angestoßen. Genutzt hat es ihm zwar nichts, doch das Referendum wird kommen.

Nun mobilisieren die linken Parteien gegen die JOWs. Sie sehen darin eine Gefahr für die Demokratie – und natürlich für sich selbst. Ein Wahlrecht nach dem winner-takes-all-Prinzip führt in der Regel zu einem Zwei-Parteien-System. Daher gehen der Bund der Demokratischen Linken (SLD), Deine Bewegung (TR) und andere Parteien wie die Grünen jetzt in die Offensive. Die SLD will im Internet den Dialog mit den Bürgern suchen, weil dort besonders viele Anhänger von Kukiz und seiner Forderung unterwegs sein sollen. Jede Woche wollen namhafte SLD-Politiker wie Parteichef Leszek Miller eingesandte Fragen in den sozialen Netzwerken beantworten. Dabei wollen sie klarmachen, dass die JOWs „von der Demokratie zur Oligarchie“ führen – so das Motto der Kampagne.

Zustimmung zur Reform unklar

Auch Deine Bewegung will gegen die JOWs mobilisieren. Wie genau ist noch nicht bekannt. Mehrere kleinere Parteien im linken Spektrum wie die Grünen haben derweil eine „Koalition 6. September“ gegründet und wollen ebenfalls vornehmlich in den sozialen Netzwerken die Nachteile der Wahlreform hervorheben. Es bleibt abzuwarten, ob sie Erfolg haben werden. Möglicherweise werden die Polen aber auch wenig Interesse an dem Volksentscheid haben. Kukiz und seine Anhänger lassen das Thema zwar mehrheitsfähig erscheinen, doch die „stille Mehrheit“ hat sich noch nicht artikuliert.

Es wird hier auch darauf ankommen, wie sehr die großen Parteien Bürgerplattform (PO) und Recht und Gerechtigkeit (PiS) für die Wahlreform mobilisieren werden oder überhaupt wollen. Zwar könnte das Mehrheitswahlrecht durchaus in ihrem Interesse sein, weil es kleinere Parteien benachteiligt. Doch wäre ein solcher Systemwechsel auch für diese Parteien mit einem gewissen Risiko verbunden. Hier müssten die Parteistrategen nachrechnen, ob er sich für die jeweilige Partei kurzfristig lohnt. Auf lange Sicht lässt sich in der Politik – und in der polnischen erst recht – keine Vorhersage treffen.

Bild: Leszek Miller (2013) // (cc) Lukas Plewnia / Polen Heute [CC BY-SA 2.0] / Flickr