Die Frage nach den wirklichen Ursachen der Flugzeugkatastrophe bei Smolensk bleibt immer noch offen. Die Untersuchungen dauern seit über drei Jahren an und Ermittler haben mit verschiedenen Theorien ringen müssen. Eine davon kommt aus der unmittelbaren Umgebung des verstorbenen Präsidenten Lech Kaczynski. Kurz nach dem Flugzeugunglück am 10. April 2010 wurden bereits erste Stimmen laut, nach denen es gar kein Unglück gab, sondern ein lang geplantes Attentat. Eines der bekanntesten Gesichter aus der politischen Welt, das man mit dieser Theorie verbindet, ist Antoni Macierewicz (Recht und Gerechtigkeit, PiS). Er versucht seine Meinung durchzusetzen, indem er mehrere Experten für seine eigene Ermittlungskommission engagiert hat. Heute wurde deren Autorität jedoch in Frage gestellt.
Eine große Diskussion in den polnischen Medien sowie unter Politikern löste ein Artikel in der rechtsliberalen Gazeta Wyborcza aus. Laut Angaben eines der größten meinungsbildenden Blätter in Polen haben sich Macierewicz‘ Mitarbeiter komplett blamiert, denn sie seien vielleicht Experten, aber bestimmt nicht auf dem Gebiet des Flugwesens. Ihre lauten und oft diskutierten Theorien haben sie nicht mit Beweisen belegen können. Darüber hinaus sollen sich ihre Kompetenzen auf laienhafte Experimente und Interessen beschränken. Professor Wieslaw Binienda zum Beispiel wollte laut Artikel eine Simulation durchgeführt haben, die bestätigt, dass die Tragfläche des Flugzeugs nicht an einer Birke zerbrechen konnte. Leider verfügte der Professor über keine Daten zu Größe und Parametern des Flugzeugs. Die Ergebnisse dieser Simulation sind zudem bei der polnischen Militär-Staatsanwaltschaft, die für den Verlauf der Ermittlungen zuständig ist, bis heute nicht eingereicht worden. Zwei weitere Professoren, auf die sich Macierewicz berufen hat – Jan Orebski und Jacek Ronda – haben ebenfalls keine relevanten Beweise eingebracht.
Macierewicz will Anklage erheben
Antoni Macierewicz antwortete auf den Artikel mit der Absicht, die entsprechenden Behörden über eine mögliche Straftat zu informieren. Seiner Meinung nach seien den Journalisten geheime Dokumente, und zwar Protokolle aus den Vernehmungen der Zeugen, überreicht worden. Daraufhin reagierte Gazeta Wyborcza mit einer Erklärung, dass die Militär-Staatsanwaltschaft den Redakteuren keine Dokumente zur Verfügung gestellt hat. Den Zugang zu den Protokollen haben alle Verfahrensseiten, und die Tageszeitung beruft sich auf Informationen, die sie von den Bevollmächtigten der Opferfamilien bekommen hat.