Mitglieder des neuen IPN-Kollegiums gewählt

Die PiS kann sowohl im Senat als auch im Sejm ihre Kandidaten durchbringen. Der ehemalige Gesundheitsminister Bartosz Arlukowicz fühlte sich durch das Auswahlverfahren an die „gute alte Wochenschau“ erinnert.

Sejm-Flagge // (cc) Lukas Plewnia / polen-heute.de [CC BY-SA 2.0] / Flickr

Infolge einer in der vergangenen Woche in Kraft getretenen Gesetzesnovelle löst beim Institut für Nationales Gedenken (IPN), das zuletzt seine Vorwürfe gegen Lech Walesa wegen einer angeblichen Spitzeltätigkeit für den kommunistischen Sicherheitsdienst (SB) erneuert hatte, ein vom Parlament und dem Präsidenten zu bestimmendes Kollegium den bisherigen, von der akademischen Geschichtswissenschaft mit Fachvertretern beschickten Rat, ab.

Bei der Wahl durch den Senat konnten sich mit den Professoren Wojciech Polak von der Nikolaus-Kopernikus-Universität (UMK) Torun und Tadeusz Wolsza vom Historischen Institut der Polnischen Akademie der Wissenschaften (PAN) die beiden von der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) nominierten Historiker durchsetzen. Bei den Senatoren der rechtsliberalen Bürgerplattform (PO) stieß dabei auf Unverständnis, dass der von ihnen ins Rennen geschickte Andrzej Kolodziej trotz seines Engagements für die erste „Solidarnosc“ bzw. ihre Abspaltung „Kämpfende Solidarnosc“ als einziger Kandidat nicht einmal eine positive Empfehlung des zuständigen Senatsausschusses bekam.

Wojciech Polak zählte es nach seiner Wahl – auf einer Linie mit der Zielsetzung der neuen Regierung – zu den künftigen Hauptaufgaben des IPN, Geschichtspolitik zu betreiben. Angesichts des von ihm konstatierten „vollständigen Zusammenbruchs der historischen Bildung“ in der jüngsten Vergangenheit soll sich das Institut nunmehr vor allem darauf konzentrieren, an der „Verbesserung“ des schulischen Geschichtsunterrichts mitzuwirken.

Tadeusz Wolsza, der bereits seit 2011 Mitglied des IPN-Rates ist, richtet sein Interesse insbesondere auf eine Ausdehnung der Lustrationsverfahren, die sich auch auf die Bereiche Wissenschaft, Medien und Kultur erstrecken sollen. Des Weiteren strebt er im IPN die Einrichtung eines Wissenschaftsressorts an, das es Wissenschaftlern ermöglichen soll, auch eigener Forschungsarbeit nachzugehen und sich nicht mehr ausschließlich der Planung von Ausstellungen und der Tätigkeit in Schulen widmen zu müssen.

Der Sejm entschied sich gleichermaßen ausschließlich für die von der PiS-Fraktion aufgestellten Kandidaten, d.h. Dr. habil. Slawomir Cenckiewicz, Prof. Jan Draus, Prof. Piotr Franaszek, Prof. Jozef Marecki und den früheren Dissidenten Krzysztof Wyszkowski. Auch hier reagierte die Opposition mit Befremden und fühlte sich in der Zeit zurückversetzt, da die Beurteilung der von ihr nominierten Bogdan Lis (1978-1980 Aktivist im Gründungskomitee der Freien Gewerkschaften der Küstenregion und Streikorganisator für die „Solidarnosc” in Danzig) und Henryk Wujec (1978 Entlassung wegen KOR-Mitgliedschaft) mit dem Vorsitzenden des Sejmausschusses für Justiz und Menschenrechte, Stanislaw Piotrowicz, einem früheren Staatsanwalt aus der Zeit des Kriegsrechts oblag.

Sejm-Flagge // (cc) Lukas Plewnia / polen-heute.de [CC BY-SA 2.0] / Flickr