Polen wird im Zuge der Erhöhung der Truppenstärke zum Standort eines weiteren Bataillons. Innenpolitische Kontroversen bleiben auch am Rande des Gipfeltreffens ein Thema.
Polens Präsident Andrzej Duda bewertete die Verhandlungen des zweitägigen Treffens im Warschauer Nationalstadion als für Polen und das Bündnis erfolgreich. Es habe sich – so Krzysztof Szczerski, Staatssekretär in der Kanzlei des Präsidenten – bei dieser Gelegenheit erwiesen, dass man angesichts der aktuellen Bedrohungslagen eine gemeinsame Strategie entwerfen und einheitlich reagieren könne. Der Vorteil für das Gastgeberland liege dabei vor allem in der Aufstockung des an der Ostflanke der NATO – in Polen und den baltischen Staaten – stationierten Truppenkontingents um vier Bataillone mit jeweils ca. 1000 Soldaten, die einhergehen soll mit der Einsatzbereitschaft eines Raketenabwehrsystems und einem künftigen militärischen Engagement auch im Cyberspace.
Für die am Freitag im Rahmen eines bilateralen Gesprächs zwischen Duda und Barack Obama in Aussicht gestellte Stationierung des Hauptquartiers einer zusätzlichen US-Panzerbrigade kommen nach Angaben des polnischen Verteidigungsministers Antoni Macierewicz mehrere Standorte in Frage, wobei sich das Augenmerk insbesondere auf den Nordosten des Landes richten würde. Die Maßnahmen trügen einen rein defensiven Charakter, die Allianz wäre dabei aber in der Lage, jedwedem aggressiven Akt wirksam entgegentreten zu können.
Auf dem Nachrichtensender TVP Info die Unterredung mit Obama resümierend, kam der polnische Präsident auch auf die von seinem amerikanischen Amtskollegen aufgeworfene Frage des Verfassungsgerichts zu sprechen. Dieser wäre das Thema allerdings mit großer Sensibilität angegangen, indem er die Demokratie in Polen außer Gefahr gesehen und bei aller Kritik an der delikaten Situation auch eingestanden hätte, dass es sich um eine politische Auseinandersetzung handeln würde. Er hätte Obama daraufhin erwidert, dass die derzeitige Opposition den Streit vor der Parlamentswahl vom Zaun gebrochen hätte und ihn nun am Kochen hielte, um daraus politisch Honig zu saugen. Das Problem sollte dort gelöst werden, wo es auch seinen Ausgang genommen hätte – im [von der PiS dominierten] Sejm.
Die Kritik Obamas an den Maßnahmen der polnischen Regierung und der verfahrenen Lage in Sachen Verfassungsgericht den Zuschauern nur in abgeschwächter Form übermittelt zu haben, wird aber auch der TVP vorgeworfen. Laut Washington Post habe sie in der Freitagsausgabe der Wiadomosci (Nachrichten) die Rede des US-Präsidenten verschwiegen, seine Aussagen ungenau übersetzt und so letztlich die Kritiker bestätigt, die angesichts des umfangreichen Personalrevirements und der Installation eines neuen Direktors um die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Polen fürchten würden.
Am Rande des Gipfeltreffens sorgte schließlich auch die vom Verteidigungsministerium initiierte Ausstellung „Polen in der NATO“ für Aufsehen, welche im Nationalstadion präsentiert wurde. Während dort der ehemalige Ministerpräsident Jan Olszewski, Lech Kaczynski und Andrzej Duda erwähnt wurden, fielen wichtige Akteure des Beitrittsprozesses wie Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski, der frühere Außenminister Bronislaw Geremek oder Jan Nowak-Jezioranski (Sicherheitsberater der US-Präsidenten Jimmy Carter und Ronald Reagan sowie wichtiger Befürworter einer polnischen NATO-Mitgliedschaft) unter den Tisch. Regierungssprecher Rafal Bochenek tat dies als „unwesentliche Nuancen“ ab und polemisierte gegen die Journalistin Katarzyna Kolenda-Zaleska, die mit ihrer entsprechenden Nachfrage lediglich einen „politischen Skandal“ provozieren wollen würde. Die Polen würden sich seiner Meinung nach auch nicht für die Chronik des polnischen NATO-Beitrittsverfahrens interessieren, sondern für den aktuellen Gipfel und dessen Ergebnisse, für die wesentlich Präsident Duda und Ministerpräsidentin Beata Szydlo verantwortlich seien.
Bild: NATO Logo