Das rechte Lager in Polen ist tief gespalten. Davon zeugen unüberbrückbare Gräben, die sich zwischen den zwei größten konservativen Parteien Bürgerplattform und Recht und Gerechtigkeit in den letzten Jahren bildeten. Problematisch wird diese Situation für die Rechte, wenn die Partei von Jaroslaw Kaczynski die nächsten Parlamentswahlen gewinnt – ein wahrscheinliches Szenario –, jedoch nicht alleine regieren kann und keinen Koalitionspartner findet. Nun bietet sich der ultrakonservative Janusz Korwin-Mikke für die Zukunft an. Eine Alternative für Kaczynski?
Dass linke und sozialdemokratische Kräfte in Polen in keiner guten Verfassung, bezogen auf die Wählergunst, sind, wurde nicht erst durch das Ergebnis der Europawahl deutlich. Doch auch die Rechte ist in Polen fragmentiert. Die konservativen, im polnischen Parlament (Sejm) vertretenden Parteien, die sich gerne einen christlichen Anstrich geben, weisen – wenn überhaupt – wenige Schnittstellen miteinander auf – Kooperationsbereitschaft ist dabei nur in wenigen Fällen denkbar. Eine Ausnahme stellt die Regierungskoalition zwischen liberalkonservativer Bürgerplattform (PO) und konservativer Bauernpartei (PSL) dar, die trotz gelegentlicher Spannungen seit 2007 regiert – erstaunlich stabil für polnische Verhältnisse.
Jetzt scheint sich jedoch eine weitere Koalition anzubandeln, die rechts von der Mitte – die in Polen schon viel weiter rechts ist als in vielen westeuropäischen Ländern – ein Gegengewicht zur Regierung bilden könnte. Gestern erklärte Janusz Korwin-Mikke, Gewinner der letzten Europawahlen in Polen, er wolle ein Bündnis mit der größten Oppositionspartei, der rechtsklerikalen Recht und Gerechtigkeit (PiS) in Betracht ziehen. „In dieser Situation wären wir aufeinander angewiesen“, so der ultrarechte Politiker in einem Fernsehinterview bei tvn. Dieses nahm er an für den Fall, sollte seine Partei – Kongress der Neuen Rechten (KNP) – bei den nächsten Parlamentswahlen die Fünf-Prozent-Hürde knacken.
Wahlergebnis als Zwang zur Koalition
PiS schließt zwar kategorisch eine Koalition mit KNP aus, doch sind polnische Politiker nicht gerade bekannt dafür, sich an das „Geschwätz von gestern“ zu erinnern oder zu halten. So schloss Kaczynski vor den Parlamentswahlen im Jahre 2005 kategorisch das Bündnis mit der populistischen Bauernpartei Selbstverteidigung (Samoobrona) aus, um 2006 doch mit dieser Partei zu koalieren. Damals begründete der PiS-Vorsitzende seine Entscheidungen mit Zwängen, die aus dem Wahlergebnis erwachsen seien.
In diese Richtung äußerte sich gestern auch Korwin-Mikke. Er und seine Partei seinen für eine Koalition mit anderen zurzeit im Sejm vertretenen Parteien nicht bereit. Deswegen müsse man diese Option in Betracht ziehen. Er habe jedoch Verständnis dafür, dass Kaczynski vor Wahlen eine gemeinsame Regierung ausschließt.
Tatsächlich deuten aktuelle Umfragen auf ein solches Szenario hin: Eine Ende Juni vom Umfrageinstitut IBRiS Homo Homini durchgeführte Umfrage sieht PiS mit 32 Prozent weit abgeschlagen vor der Bürgerplattform, die bei 24 Prozent liegt. Der Befragung nach würde KNP bei den im nächsten Jahr stattfindenden Parlamentswahlen mit elf Prozent Platz drei erreichen. So ist zumindest bezogen auf aktuelle Umfragewerte KNP für Kaczynski eine Alternative, zumal sich alle anderen Parteien weigern, ein Bündnis mit PiS einzugehen.