Der Sejm wählte heute fünf neue Richter zum Verfassungsgericht. Den fünf Wahlen sind außerordentliche Auseinandersetzungen im polnischen Parlament vorausgegangen. Doch wie geht es weiter?
Bereits am 20. November verabschiedete das polnische Parlament eine Gesetz, das die heutige Wahl der Richter möglich machte. Doch eigentlich tritt das Gesetz erst 14 Tage nach Verabschiedung in Kraft, aber das kümmerte die Abgeordneten von Recht und Gerechtigkeit (PiS) nicht. Mit der Regierungsmehrheit brachten sie die fünf Kandidaturen durch. Die systemfeindliche Partei Kukiz’15-Bewegung half der Regierungspartei diesmal nicht, PiS stand einer geschlossenen Opposition gegenüber.
Den Wahlen ging eine wortgewaltige Diskussion voraus. Die Parlamentarier der Opposition hoben ihre gedruckten Grundgesetze empor und protestierten lautstark. Sejmmarschall Marek Kuchcinski (PiS) wollte die Sitzung schnell zum Abschluss bringen, weswegen eine argumentative Diskussion nicht in Gang kommen konnte. Es blieb beim Skandieren der Opposition. Die durch PiS vorgeschlagenen Richter beantworteten keine Fragen, was eigentlich gute Sitte in einer solchen Situation ist.
Insgesamt sah sich das Parlament heute einer beispiellosen Situation gegenüber. Die Medien sprachen von einem historischen Ereignis. Unterstrichen wurde die Bedeutung durch Rangeleien zwischen Gegnern und Befürwortern vor dem Parlamentsgebäude in Warschau. Die Polizei musste einschreiten.
Morgen schon tagt das Verfassungsgericht, das entscheiden soll, ob die derzeitige Ernennung der fünf neuen Richter verfassungskonform ist. Im Vorfeld bat das Gericht die Regierung um die Verschiebung der Ernennung und so ziemlich alle führenden Verfassungsexperten gehen davon aus, dass PiS derzeit die Verfassung bricht.
Daher wird morgen eine Niederlage der PiS vor dem Verfassungsgericht erwartet. Doch führende PiS-Politiker sprechen dem Gericht eine „Entscheidung in eigener Sache“ ab. Demnach sei die oberste Instanz in Polen das Parlament und das Verfassungsgericht eher politisch geprägt. Interessant wird die Situation, wenn sich die Regierung gegen das oberste Gericht stellen wird und Präsident Andrzej Duda eingreifen muss. Dann hat Polen eine veritable Staatskrise.
Bild: Polnisches Parlament // (cc) Lukas Plewnia [CC BY-SA 2.0] / polen-heute.de