Polens Zukunft – Realität oder Wunschdenken?

Am Dienstag hat die polnische Regierung unter Beata Szydlo während einer fünfstündigen Sitzung wichtige Entscheidungen über die Zukunft Polens getroffen. Die Besteuerung der Großhandelszentren, das Wirtschaftswachstum und die Arbeitslosenquote – das sind nur einige Themenbereiche. Die Bevölkerung hat sich vor allem für die Mindestlohnerhöhung interessiert.

Beata SzydloMehr als fünf Stunden hat das Meeting der Minister mit der Premierministerin Beata Szydlo gedauert. Wie immer stießen die Entscheidungen und Einschätzungen über Polens Zukunft in der gesamten Medienwelt auf großen Widerhall. Zunächst legte man die Wirtschaftsdaten für das Jahr 2017 fest. Das polnische Bruttosozialprodukt soll im Jahr 2017 um 3,9 Prozent steigen. Die Inflationsrate wird sich bei 1,3 Prozent einpendeln. Die Arbeitslosenquote wird von derzeit 9,2 Prozent auf 8,9 Prozent sinken. Dabei wird die Staatsverschuldung im Verhältnis zum BSP nur geringfügig von 52 auf 52,5 Prozent steigen.
Diese Daten waren für die Regierung ausschlaggebend für die Veränderungen und Anpassungen, die noch dieses Jahr ins Parlament eingebracht werden sollen.

Die minimale Steigung der Staatsverschuldung wird unter anderen dadurch niedrig gehalten, dass der Steuersatz im Einzelhandel angehoben wird. Es wird zwei Steuersätze geben: 0,8 Prozent und 1,4 Prozent. In den höheren Steuersatz gelangen Großhändler, die mehr als 170 Millionen Zloty (ca. 38 Mio. Euro) umsetzen werden. Weiterhin sollen groß angelegte Projekte durch das Parlament beschlossen werden. Unter anderem soll reichlich in die Binnenschifffahrt investiert werden. Außerdem will die Regierung Lodz zum Ausstellungsort der Weltausstellung EXPO 2022 machen. Die Höhe der finanziellen Mittel wurde dabei nicht angegeben.

Weitere Regelungen

Eine grundsätzlich eigentümliche, doch für die regierende Partei PiS (Recht und Gerechtigkeit) nicht verwunderliche Entscheidung ist die Senkung der Altersrenten ehemaliger Mitarbeiter des kommunistischen Sicherheitsdienstes, welche dann 2.100 Zloty (474 Euro) nicht übersteigen sollen. Momentan leben noch ca. 12.000 Menschen von diesen Leistungen.

Die wohl wichtigste Entscheidung war die Anhebung des Mindestlohnes. Die Arbeiter- und Familienvertretungen forderten 1.920 Zloty (433 Euro) monatlich. Die polnische Regierung empfand diese Summe als unzureichend und besteht auf 2.000 Zloty (452 Euro) monatlich. Die bisherigen Mindestlohnerhöhungen waren für die Regierung zu gering. Man wolle alles beschleunigen, damit auch die Ärmsten in naher Zukunft menschenwürdig ihr Leben gestalten können. Für die polnische Bevölkerung ist auch das zu wenig. In den Internetportalen wird diese Entscheidung natürlich begrüßt, doch hatte man sich von PiS mehr erwartet. Als Begründung wird oft angegeben, dass doch die Lebenserhaltungskosten fast genauso hoch seien wie im Westen Europas.

Vieles, was von der Regierungssprecherin angegeben wurde, ist zum Teil sehr ungenau. Die Entscheidungen stehen nun erst einmal im Raum. An diese mutigen Einschätzungen wird man die Regierung sicherlich noch erinnern und vor allem wird man sie an ihnen messen. Dann stellt sich heraus, wie die Realitätswahrnehmung dieses Kabinetts in Wirklichkeit aussieht.

Bild: Beata Szydlo // (cc) P.Tracz/KPRM [Public Domain Mark 1.0] / Flickr