Positiver Pisa-Schock – Polen schneidet gut ab

Bei der internationalen Pisa-Studie 2012 hat Polen sehr gut abgeschnitten. Im Vergleich mit anderen EU-Staaten liegen die 15-jährigen polnischen Schüler in den Gebieten Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften immer auf einem der ersten vier Plätze. Die Regierung sieht darin einen Erfolg des Bildungssystems und der Arbeit der Lehrer. Doch deren Arbeit ist hart.

Polen hat im internationalen Schulleistungsvergleich enorm aufgeholt. Nach den heute weltweit veröffentlichten Ergebnissen der Pisa-Studie von 2012 liegt das Land im oberen Drittel der europäischen Länder. Gewinner sind wieder einmal Shanghai, Singapur und weitere asiatische Länder, in Europa führt Finnland in den meisten Kategorien.

Beim Lesen und den Naturwissenschaften liegt Polen auf Platz drei unter allen EU-Ländern. Doch besonders in Mathematik ist der Leistungszuwachs enorm: Die getesteten 15-jährigen Polen reihten sich hinter Niederländern, Esten und Finnen auf Platz vier ein. Das war nicht immer so. Beim ersten Pisa-Test 2001 lag Polen in allen Kategorien unterhalb des OECD-Durchschnitts. In der Folge holte das Land beim Leseverständnis und den Naturwissenschaft konstant auf, blieb in Mathematik jedoch im Mittelfeld.

Die polnische Regierung war über die Ergebnisse daher auch sehr erfreut. Ministerpräsident Donald Tusk (Bürgerplattform, PO) sagte, dies zeige, dass das polnische Schulsystem sehr gut sei. Es bedürfe keiner Revolution, nur einige Änderungen und mehr Geld seien nötig. Der Premier fügte hinzu, Polen habe allen Grund stolz zu sein. Das gute Ergebnis sei der Effekt der harten Arbeit der polnischen Lehrer, vor denen er sich tief verneige.

Lehrer erfreut und doch unzufrieden

Gerade diese Lehrer liegen jedoch im Streit mit der Regierung. Erst vor wenigen Tagen haben sie anlässlich des Parteitages der Bürgerplattform in Warschau protestiert. Sie wehren sich gegen schlechte Arbeitsbedingungen, niedrige Entlohnung und eine hohe Arbeitsbelastung. Der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft Slawomir Broniarz erinnerte daher heute auch daran, dass die Freiheiten, Rechte und Arbeitsregelungen, die in der „Lehrercharta“ verbürgt sind, bestehen bleiben müssen. Nur so sei ein gutes Abschneiden bei der Pisa-Studie erreichbar.

Diese „Charta“, die rechtlich dem Arbeitsgesetzbuch übergeordnet ist, ist Gegenstand heftiger Debatten. Die regionalen Selbstverwaltungen wollen sie abschaffen, um Lehrer flexibler einsetzen und bezahlen zu können. Auch die langen Urlaubszeiten und weitere Privilegien der Lehrer sind vielen ein Dorn im Auge. Die Lehrer bestehen jedoch auf ihre bisherigen Rechte und befürchten eine weitere Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen.

Die Pisa-Studie (Programme for International Student Assessment) selbst ist nicht unumstritten. Die Schulleistungsuntersuchung der OECD wird seit 2001 alle drei Jahre durchgeführt. Kritiker merken an, dass der Versuch, Bildung zu „standardisieren“ nicht möglich sei. Pisa sei darauf angelegt, eher Wissen statt Verständnis abzufragen. Außerdem würden Bereiche wie Gesellschaftswissenschaft, Musik und Kunst ausgeklammert. Stattdessen seien die Pisa-Test zu stark an ökonomische Kriterien und Verwertbarkeit gebunden.