In einem Fernsehinterview im polnischen Nachrichtenkanal tvn24 forderte heute Präsident Bronislaw Komorowski eine grundlegende Reform der Staatsanwaltschaft. Laut Komorowski sei diese eine Hinterlassenschaft aus stalinistischen Zeiten, die es in einem normalen demokratischen Land nicht gäbe. Demnach habe die Staatsanwaltschaft Ermittlungsrechte, auch können Verfahren von einem zum anderen Staatsanwalt geschoben werden und Staatsanwälte können von bestimmten Verfahren abgezogen werden. Ferner erwähnt Komorowski politische Verstrickungen von radikalkonservativen Gruppierungen in der Führung der Staatsanwaltschaft.
Der Staatsanwaltschaft sollte daher das Recht zum Führen von Ermittlungen entzogen werden – sie sollte eher die Ermittlungen der Polizei überwachen. Daher kündigte der Präsident an, er wolle eine Reihe von Gesetzen zur Beratung ins polnische Parlament (Sejm) einbringen, um eine Neustrukturierung der Staatsanwaltschaft mitzugestalten.
Generalstaatsanwalt unter Beschuss
Der Präsident knüpft damit an die Kritik des Generalstaatsanwalts Andrzej Seremet an. Heute griff diesen Justizminister Marek Biernacki an: im Jahr 2012 habe sich die Staatsanwaltschaft einige Fehler erlaubt. Unter anderem habe sie im Falle um den Finanzskandal der Parabank Amber Gold nicht richtig gearbeitet.
Seremet selbst bewertet die Kritik als unberechtigt und wartet nun auf die Entscheidung von Premierminister Donald Tusk. Da die Staatsanwaltschaft vom Justizministerium getrennt ist, kann Tusk lediglich dem Parlament empfehlen, Generalstaatsanwalt Seremet abzuberufen. Aufgrund der Kräfteverteilung im Sejm dürfte die Regierungsmehrheit jedoch nicht ausreichen, da der Generalstaatsanwalt nur mit einer Zweidrittelmehrheit abberufen werden kann (wobei mindestens die Hälfte der Abgeordneten an der Abstimmung teilnehmen muss). Doch haben große Teile der Opposition bereits angekündigt, bei einer Abstimmung für die Abberufung von Seremet zu stimmen.