Die öffentliche Debatte in Polen erscheint mal rau, mal undurchsichtig, aber langweilig ist es nie – auch nicht in der Urlaubszeit. Olympia sowie die Pleite von einigen Reisebüros und einer Fluggesellschaft machen die Medien interessant.
Im Grunde ist es so ähnlich wie in Deutschland, vielleicht etwas extremer, da alle Schüler kollektiv in die Ferien entlassen werden – und das für zwei Monate. Dieses Jahr begannen die Sommerferien Ende Juni und das neue Schuljahr fängt Anfang September an. Passend dazu legte das polnische Parlament, der Sejm, Ende Juli eine einmonatige Pause ein – parlamentarische Auseinandersetzungen sind ab dem 29. August wieder zu erwarten. Bis dahin finden kaum politische Diskussionen statt, denn Gesetzesvorhaben liegen in der Zeit auf Eis. Dazu passt, dass die wichtigsten politischen Talkshows eine Sommerpause eingelegt haben und auch wichtige Entscheidungsträger verreist sind; was die Boulevardmedien mit „Fotos“ gut dokumentieren.
Aktuell ist die „Sauregurkenzeit“ aber dennoch interessant wie nie. Dazu trägt nicht nur die nationale politische Debatte bei. Wie die ganze Welt, bewegen Polen die olympischen Spiele; langsam aber allgemeine Ernüchterung eingekehrt ist. Zum Beispiel hat man sich beim Fechten einiges erhofft, doch fast alle polnischen Fechterinnen und Fechter sind in der ersten Runde ausgeschieden. Dementsprechend ist Polen mit Aserbaidschan auf Platz 30 in der Medaillenrangliste gelandet, zwischen Dänemark und der Türkei. Damit kann der Nachbar Deutschlands nicht an frühere Erfolge anschließen – Polen ist in der „ewigen Liste“ immerhin auf Platz 17 – doch die Spiele werden trotzdem mit Spannung verfolgt.
Ein weiteres interessantes und langanhaltendes Thema sind die – passend für diese Jahreszeit – Pleiten von Reisebüros. Zurzeit wird Polen von einer Serie von Reisebüro-Pleiten überzogen. Während 2011 noch zwei Reisebüros Konkurs anmeldeten und verhältnismäßig wenig Personen ihren Urlaub abbrechen mussten oder den bezahlten Urlaub nicht antreten konnten, sind es seit Anfang Juli 2012 schon neun; das letzte Reisebüro, Summerelse aus Warschau, hat seine Zahlungsunfähigkeit noch nicht offiziell verkündet. Klar ist jedoch, dass mit dieser Pleite ca. 600 Reisende den Urlaub abbrechen müssen und früher als gedacht den Heimflug antreten werden. Damit sind es dieses Jahr in der Summe weit über 20.000 Personen, die ihren Urlaub aufgrund der Konkurse nicht antreten können und mehr als 5.000 Reisende, die ihren Urlaub abbrechen mussten.
„Abgerundet“ wird die schwarze Serie durch den Konkurs eines polnischen Flugunternehmens, das erst kurze Zeit auf dem Markt ist: OLT Express. Dabei sind die Auswirkungen nicht nur auf Reisende beschränkt; unklar ist, ob von Sparern getätigte Anlagen ausgezahlt werden. Die Probleme begannen unerwartet am 27. Juli – OLT Express hat Konkurs angemeldet und unmittelbar alle Linienflüge gestrichen; am 1. August wurden alle Charterflüge gestrichen. Tumultartige Szenen spielten sich an polnischen Flughäfen ab; viele Reisende wurden erst dort informiert, dass ihr Flug nicht stattfinden wird. Darunter waren auch Prominente wie der frühere Boxchampion Dariusz Michalczewski. Denn OLT Express ist erst am 1. April 2012 gestartet, um die Inlandsreisen zu revolutionieren. Inlandsflüge wurden billig wie nie zuvor. Teilweise konnten schon Tickets für weniger als 25 Euro erworben werden. Zudem gehört OLT Express zum Unternehmen Amber Gold, welches sich als Parabank einen Namen gemacht hat: Kleinanleger konnten für einen jährlichen Zinssatz von bis zu 10 Prozent ihr Geld anlegen. Nun fürchten die Sparer um ihr Geld – ob das ausgezahlt wird, bleibt bis jetzt unklar. Am Montag dieser Woche hat Amber Gold auf seiner Internetseite die Auflösung des Unternehmens angekündigt und eine schrittweise Auszahlung der Anlagen samt der bis dahin angefallenen Zinsen.
Es bleibt also ereignisreich in Polen. Zu hoffen ist, dass nach der Sauregurkenzeit ein heißer Herbst die Spannung weiter steigert.