05. Aug – 18. Aug 2013
Eltern rebellieren gegen frühe Einschulung ++ Katholischer TV-Sender will endlich digital werden ++ Andrzej Lepper: Jahrestag eines tragischen Todes.
Eltern rebellieren gegen die frühe Einschulung
Seit einiger Zeit kritisieren Eltern und Medien immer wieder die jüngste Reform des Bildungssystems. Kernstück dieser Reform ist eine um ein Jahr frühere Einschulung – ab September nächsten Jahres müssen sechsjährige Kinder die erste Klasse besuchen. Außerdem müssen Fünfjährige die so genannte „Nullklasse“ besuchen, die an Schulen angesiedelt sein wird, aber eine Zwischenstufe zwischen Kindergarten und Schule darstellt.
Der Widerstand der Eltern ist jedoch so groß, dass polnische Prominente einen Fernsehspot aufgenommen haben, in dem sie sich gegen die Reform aussprechen. Gleichzeitig wurde eine Petition eingereicht, die ein polenweites Referendum einleiten könnte. Bis Juni waren fast eine Million Unterschriften gesammelt worden.
Mitte August bestätigte die Pressestelle des polnischen Parlaments (Sejm), dass eine halbe Million gesammelter Stimmen überprüft worden war. Dies ist die Mindestvoraussetzung dafür, dass ein politischer Prozess in Gang gesetzt werden kann – ein Prozess, der letztendlich zu einem Referendum führen könnte. Doch zunächst muss die Sejm-Marschallin Ewa Kopacz die Abstimmung auf die Tagesordnung des Sejm setzen. Die Mehrheit der Abgeordneten müsste nach einer allgemeinen Debatte für ein Referendum stimmen – mindestens die Hälfte der Abgeordneten im polnischen Parlament müsste an der Abstimmung teilnehmen. Danach müsste ein Parlamentsausschuss Fragen für das Referendum vorbereiten.
Mitglieder der regierenden liberal-konservativen Bürgerplattform (PO) haben sich in den Medien bereits gegen ein Referendum ausgesprochen – ihrer Meinung nach ist es die Aufgabe der gewählten Vertreter, über die Einschulung zu entscheiden. Außerdem sollte nicht jede Entscheidung durch ein Referendum getroffen werden. Die Vertreter der Opposition hingegen haben das Plebiszit unterstützt.
Die Eltern sind also verunsichert und haben Angst um das Wohlergehen ihrer Kinder; wäre dies nicht der Fall, wäre die riesige Menge an Unterschriften nicht gesammelt worden. Medien und Eltern sind skeptisch, ob die Schulen in der Lage sind, ein angemessenes Umfeld für die sechsjährigen Kinder zu schaffen.
Katholischer Fernsehsender will endlich digital werden
Anfang Juli erteilte der Nationale Rundfunkrat (KRRiT) dem kirchlichen TV Trwam eine Lizenz für die digitale Übertragung seines Programms. Dem war ein langer Kampf vorausgegangen. Nun kocht dieser Kampf wieder hoch – der Start der digitalen Übertragung von TV Trwam ist für Ende April 2014 geplant. Bis dahin wird das öffentlich-rechtliche Fernsehen (TVP) diesen Kanal für sich reserviert haben.
Dem Redemptoristenpater Tadeusz Rydzyk, dem Gründer des Medienimperiums, zu dem TV Trwam gehört, ist dieses Verfahren jedoch nicht schnell genug. Rydzyk sagte in einem Interview für den klerikalen Nasz Dziennik, der ebenfalls zum Medienimperium gehört, dass der Sender sofort auf Sendung gehen sollte. Seiner Meinung nach ist TV Trwam bereit, digital zu senden, und außerdem sei die Ausstrahlung überfällig und hätte schon vor zwei Jahren beginnen sollen, aber damals habe „KRRiT den polnischen Katholiken Schaden zugefügt“.
TV Trwam hatte lange Zeit keine Sendelizenz erhalten; als Hauptgründe nannte KRRiT die fehlende Finanzierung und finanzielle Transparenz des Senders. Der Redemptoristenpater kritisierte in seinem Interview auch, dass es nur einen katholischen Fernsehsender in der polnischen Medienlandschaft gibt. Der Anteil der katholischen TV-Sender in Polen müsste eigentlich dem Anteil der Katholiken in der polnischen Gesellschaft entsprechen. Für ihn geht es nicht um die Verbreitung von religiösen Inhalten, sondern um Inhalte, die dem katholischen Wertekanon entsprechen.
Andrzej Lepper: Jahrestag eines tragischen Todes
Vor zwei Jahren, Anfang August, beging Andrzej Lepper, der frühere Vorsitzende der Bauernpartei Selbstverteidigung (Samoobrona), Selbstmord. Er wurde in der Parteizentrale in Warschau tot aufgefunden. Medienberichten zufolge erhängte sich Lepper mit einer Schnur im Badezimmer.
Jetzt, am zweiten Todestag des berühmten Politikers, zogen einige Dutzend Freunde und ehemalige politische Verbündete durch die Straßen Warschaus und gedachten Lepper. In der ehemaligen Parteizentrale der Selbstverteidigung legten sie einen Kranz nieder und zündeten Kerzen an. Außerdem forderten sie eine erneute Untersuchung von Leppers Tod.
Schon kurz nach Bekanntwerden seines Todes vor zwei Jahren tauchten Theorien über die Umstände auf – Selbstmord war nur eine davon. Parteifreunde und -mitglieder haben die Möglichkeit eines Selbstmordes stets bestritten, zumal Leppers Familie finanzielle Probleme hatte. Nach Aussage von Leppers Familie hätte er sie in dieser Situation niemals allein gelassen. Darüber hinaus war Lepper zuvor in einige Skandale und Gerichtsverfahren verwickelt – vor allem wegen ihm brach die Regierung von Ministerpräsident Jarowslaw Kaczynski, dem Vorsitzenden der konservativ-klerikalen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), zusammen.
Damals warf er Kaczynski vor, seinen Machtapparat zu missbrauchen, um gegen Koalitionspartner und die Opposition vorzugehen. Lepper bekleidete damals das Amt des stellvertretenden Ministerpräsidenten und des Landwirtschaftsministers. Die Amtszeit Kaczynskis war von vielen Streitigkeiten innerhalb der Koalition aus PiS, Selbstverteidigung und der klerikalen Liga Polnischer Familien (LPR) geprägt, doch nach offiziellen Untersuchungen war kein Einfluss von außen an dem tragischen Tod beteiligt.