Schon seit Monaten tobt in der regierenden Bürgerplattform (PO) der Machtkampf zwischen Premierminister Donald Tusk und dem ehemaligen Justizminister Jaroslaw Gowin. Weil Gowin sich offen gegen Tusk stellte, musste er sein Amt als Minister räumen. Für ihn ist die Bürgerplattform viel zu stark sozialdemokratisch ausgerichtet. Sie verabschiede sich immer weiter vom Parteiprogramm, das eine liberal-konservative Wegrichtung fordert. Darüber hinaus steht Gowin für eine stärkere Ausrichtung an kirchlichen Normen und Wertvorstellungen. Der ehemalige Minister repräsentiert damit den rechten Flügel der Partei.
Vor einem Monat eskalierte der Streit zwischen Tusk und Gowin erneut, als sich Gowin mit zwei weiteren Abgeordneten in einer Abstimmung im polnischen Parlament (Sejm) gegen eine Neufassung des Staatsbudgets für 2013 stellte. Damit protestierte Gowin gegen eine ausgeweitete Verschuldung des Landes.
Der Konflikt ist zudem verbunden mit der Wahl des neuen PO-Vorsitzenden; ursprünglich sollte dieser kurz vor den Europawahlen 2014 gewählt werden. Doch Tusk wollte die internen Streitigkeiten beenden und zog die Entscheidung vor.
Heute nun wurde das Wahlergebnis verkündet: Donald Tusk bleibt Vorsitzender der größten im Sejm vertretenen Partei. Er erhielt fast 80 Prozent (ca. 16.000) der abgegebenen Stimmen (ca. 28.000) – Gowin erhielt ca. 20,5 Prozent. Die Parteimitglieder konnten per Brief oder über das Internet wählen; ca. 23,5 Prozent der Mitglieder nahmen teil.
Streit beendet?
Wie erwartet hat Premierminister Tusk die Wahlen klar gewonnen – Gowin jedoch verbucht für sich mit einer innerparteilichen Zustimmung von über 20 Prozent einen Achtungserfolg. Seine parteiinternen Gegner prognostizierten ihm im Vorfeld einen Stimmenanteil im Bereich des statistischen Fehlers.
Ist der Streit nun beendet und in die Regierungspartei kehrt wieder Frieden ein? Davon kann nicht die Rede sein, denn jetzt kommen erneut Forderungen nach einem Parteiausschluss Gowins. Seine Gegner argumentieren mit dem Schaden, den er der Partei durch abweichende Positionen zugefügt habe.
Mit einem Parteiausschluss ist wiederum die Gefahr eines Auseinanderbrechens der Partei groß. Darüber hinaus hat Gowin jetzt mit über 20 Prozent Zustimmung einen relativ starken Rückhalt in der Partei bescheinigt bekommen. Somit birgt jede Entscheidung Risiken für die Bürgerplattform.