Am zweiten Tag des Kongresses der rechtsklerikalen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) in Sosnowiec, Schlesien, wird heute Abend wohl der alte Vorsitzende auch zum neuen gewählt werden: Jaroslaw Kaczynski. Nach dem der Ex-Premier gestern noch erkrankt fehlte, ist er rechtzeitig zur Wahl fit geworden und hat bereits eine halbstündige Rede gehalten. Dabei versicherte er, er und seine Partei seien bereit, wieder die Regierungsverantwortung zu übernehmen. Auch zu einigen wichtigen politischen Themen nannte Kaczynski die Haltung seiner Partei:
- Nein zum Euro in Polen
- Schaffung von über einer Million neuer Arbeitsplätze durch Maßnahmenpakete
- Nein zum Klimapaket und Ausweitung der Kohleverstromung
- Stopp des Verkaufs von polnischem Land an ausländische Investoren
- verstärkter Fokus auf die nationale Geschichtsschreibung aus „polnischer Sicht“
Jaroslaw Kaczynski und die PiS schwimmen momentan auf einer Welle der Euphorie, nachdem sie zuletzt in den Umfragen enorm zugelegt hatten. Seit 2007 ist die Partei erstmals wieder auf Platz eins in der Wählergunst gelandet.
„Tusk ist ein Feigling und Lügner“
Begeistert wurde von den PiS-Delegierten auch die Rede von Piotr Duda, seines Zeichens Chef der Gewerkschaft NSZZ Solidarnosc, aufgenommen. Duda bezeichnete Ministerpräsident Donald Tusk (Bürgerplattform, PO) als „Feigling und Lügner“, weil dieser sich nach dem Streik in Schlesien nicht mit den Gewerkschaften getroffen hatte. Der Gewerkschaftsboss unterstrich die Verbundenheit der Gewerkschaften mit PiS und wünschte der Partei, dass sie an die Macht gelange. Ziel müsse ein soziales Polen sein, dann würde die Solidarnosc weiter hinter PiS stehen.
Die Solidarnosc ist gemeinsam mit den anderen Gewerkschaften auf Konfrontationskurs mit der PO-Regierung. Zuletzt wurde der Dialog in der Dreiseitigen Kommission eigenmächtig beendet, im September wird es einen landesweiten Generalstreik geben.
PO berät nebenan
Keine 20 Kilometer weiter, in Chorzow, fand zeitgleich der Parteikonvent der regierenden liberalkonservativen Bürgerplattform statt. Hier soll das Parteistatut dahingehend geändert werden, dass der Parteivorsitzende per Direktwahl aller Parteimitglieder gewählt werden kann. Im Sommer stellt sich dann Donald Tusk zur Wahl, sein Gegenkandidat wird Ex-Justizminister Jaroslaw Gowin sein. Während Grzegorz Schetyna, der zuvor auch als möglicher Kandidat gehandelt worden ist, „keinen Bürgerkrieg“ wolle, will Gowin Tusk herausfordern.
Die Partei sei in einer Krise, so Gowin, vor allem die Unternehmer und die Jugend würden sich von ihr abwenden. Er wolle sich daher zur Wahl stellen, um den von den Menschen erwarteten Wandel einzuleiten. Ministerpräsident Donald Tusk versuchte unterdessen in seiner Rede den Schlesiern zu schmeicheln, denn sie gelten als wichtiges Wählerpotenzial. Er hob ihr hohes Traditionsbewusstsein, ihre Ehrlichkeit und ihren Arbeitseifer hervor – so wünsche er sich auch seine Partei. Wichtig sei es für ihn, „keinen Polen zurückzulassen.“
Während er im Saal gefeiert wurde, hatte Tusk vor der Kongresshalle einen schweren Stand. Die Gewerkschaften hatten ein Protestcamp der „Empörten“ errichtet und demonstrierten mit Transparenten und Megafonen während der PO-Tagung gegen die Regierung.