Kein Vorbeikommen an Smolensk – andere Themen treten in den Hintergrund

Wenn man sich in den letzten Jahren mit Politik in Polen beschäftigt hat, dann kommt man an Smolensk nicht vorbei. Das Thema bewegt die Öffentlichkeit wie kein zweites – obwohl Polen viele ungelöste Probleme hat wie die Regulierung der In-Vitro-Fertilisation, die hohe Arbeitslosigkeit oder die anstehenden Wirtschaftskrisen.

Nein – in Polen beherrscht das Flugzeugunglück von 2010 noch immer die meinungsführenden Medien. Heute hat die Militärstaatsanwaltschaft in Posen eine Untersuchung gegen die Militärstaatsanwaltschaft in Warschau eingeleitet. Es wird untersucht, ob die Warschauer Staatsanwaltschaft ihre Pflichten in Bezug auf die Untersuchung des Flugzeugunglücks erfüllt hat. Auch gehen die Exhumierungen weiter – einige Opfer der Flugzeugkatastrophe sollen vor der Beisetzung vertauscht worden sein.

Neben dieser Nachricht treten andere in den Hintergrund. Die polnische Regierung zum Beispiel verhandelt zurzeit mit Brüssel über den EU-Haushalt für die Jahre 2014 bis 2020 – es geht für Polen um Subventionen in Höhe von ca. 100 Milliarden Euro und die Lage ist kritisch, da viele EU-Mitgliedsstaaten bedingt durch die aktuelle Krise zu Einsparungen in Bezug auf die Subventionen neigen. Ein weiteres dringendes Problem ist zum Beispiel ist die Zuginfrastruktur in Polen – beinahe jeden Monat kommt es zu Unfällen oder zu Beinaheunfällen im Zugverkehr; die eingesetzte Technik ist viel Jahrzehnte alt. Die Medien berichteten über Wanzen, die in einem veralteten Bahnwagon einen Fahrgast angegriffen haben – und das mit blutigen Folgen. Ein Einzelfall war das nicht – der zuständige Minister hat heute in einem Fernsehinterview eine Untersuchung zu diesem Vorfall angekündigt.

Berichte über solche und ähnliche Missstände könnten ganze Zeitungen füllen – der Nationalstolz ist den Polen aber wahrlich das wichtigste Gut.