In Schlesien ist es heute zum angekündigten Generalstreik gekommen: Bereits in der Nacht begann die Gewerkschaft Solidarnosc den öffentlichen Nahverkehr in und um Kattowitz lahmzulegen; auch die Hütten- und Bergwerke standen still, später kamen noch Gesundheitseinrichtungen und Schulen hinzu. Erst gegen 10 Uhr ging alles wieder seinen geregelten Gang. Nach unterschiedlichen Schätzungen haben sich zwischen 85.000 und über 100.000 Gewerkschaftler an der Aktion beteiligt – die Solidarnosc spricht von einem vollen Erfolg.
Die Gewerkschaft will Gespräche mit der Regierung erzwingen, um ihre Forderungen durchzusetzen. Diese beinhalten unter anderem ein Ende der Liberalisierung des Arbeitsrechts, die Rücknahme der Rentenreform (hier besonders die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67) und Investitionen zum Erhalt der Industriearbeitsplätze in Schlesien. Auch viele Angestellte der Bildungseinrichtungen in Schlesien nahmen an dem Arbeitskampf teil – der Unterricht fiel an den meisten Schulen für zwei Stunden aus. Die Lehrer verlangen ein Ende der Schließung von Schulen, die im ganzen Land aus Kostenerwägungen eingesetzt hat.
Tusk wenig beeindruckt
Ministerpräsident Donald Tusk zeigte sich derweil wenig beeindruckt von dem Streik. Er könne die Intention der Streikführer nicht verstehen, ihre Ziele seien unklar. Er sei jederzeit bereit sich mit der Solidarnosc zu treffen, wünsche aber nicht erpresst zu werden. Weiterhin werde seine Regierung an der Flexibilisierung der Arbeitszeiten und an ihrer Ablehnung einer Erhöhung des Mindestlohns festhalten.
Die Solidarnosc hat für den Fall, dass es zu keiner Einigung mit der Regierung kommt, bereits weitere Schritte angedroht – welche genau das sein sollen, ist noch unklar, aber dann sind auch landesweite Aktionen denkbar.
Obwohl es sich um den größten Streik in Polen seit 1989 handelt, schätzten die polnischen Medien den Umfang der Arbeitsniederlegungen als gering ein. Auch die Fabriken meldeten nur eine geringe Beteiligung an der Aktion innerhalb ihrer Belegschaft, die großen Autowerke in Schlesien etwa wurden überhaupt nicht bestreikt.