Streit zwischen der polnischen Regierung und der EU eskaliert

Der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat die aktuellen politischen Entwicklungen in Polen indirekt als Staatsstreich bezeichnet. Auch Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn, dessen Land gerade die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, führt aus, Polen würde gegen die Prinzipien der Rechtstaatlichkeit verstoßen. Die Reaktion aus Warschau kam umgehend. Die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo verlangt eine Entschuldigung vom Martin Schulz und verweist dabei auf ihre demokratische Legitimität.

Polnische FlaggeNachdem die konservativklerikale Recht und Gerechtigkeit (PiS) mit Andrzej Duda und Beata Szydlo den Präsidenten und die Regierung stellt, beginnt die Partei Polen nach ihren Vorstellungen zu verändern. Diese Veränderungen werden nicht nur in Deutschland, sondern auch auf EU-Ebene kritisch betrachtet. Nachdem sich die polnische Regierung in der Flüchtlingsfrage gegen eine europäische Lösung gestellt hat, sorgt sie nun mit innenpolitischen Entscheidungen für neue Kritik aus Brüssel.

Neubesetzung der Richter und der neue Kulturminister Glinski sorgen für Unmut in der EU

Nachdem die PiS mit ihrer Regierungsmehrheit, dank eines neuen Gesetzes, fünf parteinahe Verfassungsrichter neu gewählt hat, wurde diese Wahl durch das Verfassungsgericht als nicht verfassungskonform negiert. Eine endgültige Entscheidung über die neuen Richter steht noch aus. Neben diesem Streit, sorgt der neue Kulturminister Glinski mit seinen Plänen für die polnischen Medien für Unmut. Glinski möchte vor allem das öffentlich rechtliche Fernsehen (TVP) und Radio zu einem Hort nationaler Kultur machen. Vor allem möchte er die Medien depolitisieren, da sie für ihn zu einem Wahlstab des politischen Establishments geworden sind. Dies kann man auch als einen Versuch ansehen, die öffentlichen Sender auf Linie zu bringen und von unliebsamen Vertretern wie Tomasz Lis zu säubern.

Wird Polen zu einem neuen Ungarn

Die Befürchtungen vor allem auf EU-Ebene sind, Polen könnte sich zu einem zweiten Ungarn entwickeln, in dem der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban mit seiner alleinregierenden Fidez Partei durch ein Mediengesetz die Pressefreiheit strak einschränkte. Die EU-Politiker haben dies zwar immer kritisiert, doch mussten sie dabei zusehen, wie Orban mit seiner politischen Mehrheit das Land unter anderem mit einer neuen Verfassung verändert.

In ihrer Programmatik liegen die ungarische Fidez und die polnische PiS nicht weit auseinander. Beide sprechen von einem starkem Staat, einer Besinnung auf die nationale Stärke sowie dem Christentum als Fundament der nationalen Identität. Ähnliche Positionen vertreten sie auch als Mitglieder der Visegrad-Gruppe in der Flüchtlingspolitik. Nur zu Russland pflegt Ungarn traditionell gute Beziehungen.

Somit läuten in Berlin und Brüssel die Alarmglocken, da eine dauerhafte ähnliche politische Ausrichtung dieser beiden großen ostmitteleuropäischen Staaten eine weitere europäische Integration unmöglich machen würde. Entsprechend drastisch kommt daher die Kritik aus Brüssel an der neuen polnischen Regierung, weil sie diesen sich stetig verstärkenden Trend zu Renationalisierung der Mitgliedstaaten stoppen möchte. Der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) sagt im Deutschlandfunk, die Entwicklung in Polen hätte „Staatsstreich-Charakter und ist dramatisch“. Auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn wirft der neuen Regierung vor, sie würde europäische Grundrechte aushebeln und sich in Richtung Ungarns entwickeln. Daher soll die politische Entwicklung Polens zukünftig im EU-Parlament diskutiert werden.

Szydlo verlangt eine Entschuldigung

Die Reaktion aus Warschau kam prompt. Die neue polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo erwartet eine Entschuldigung von Martin Schultz. Sie bezeichnete die Anschuldigungen als nicht hinnehmbar, und verweist darauf, dass in Polen demokratische Wahlen stattgefunden haben.

Sollte die neue polnische Regierung wirklich ein Thema auf EU-Eben werden, wird es spannend zu sehen sein, wie sich all die Regierungen dazu äußern werden, die selbst mit national-konservativen Themen an die Macht kamen oder diejenigen, die die Meinung Polens teilen. Denn wie man auch zuletzt anhand der regionalen Wahlen in Frankreich beobachten konnte, hat in Europa bereits ein Rechtsruck stattgefunden und nun wird man beobachten könne, welche Folgen dies für die EU-Ebene haben wird.

Bild: Polnische Flagge // (cc) Lukas Plewnia [CC BY-SA 2.0] / polen-heute.de