Recht und Gerechtigkeit wollte mit der Übernahme von Regierungsverantwortung für mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft sorgen. Heute steht die polnische Gesellschaft so gespalten wie lange nicht mehr dar. Folgt dem ein gesellschaftlicher Eklat, der Polen lähmen könnte?
Recht und Gerechtigkeit (PiS) trat an, um das Auseinanderdriften in der Gesellschaft zu begrenzen. Sozialreformen sollten zum Anschluss armer Schichten an die Mittelschicht beitragen. Nicht umsonst ist das neue Kindergeld von ca. 125 Euro (in Polen für viele Menschen eine sehr hohe Summe) ein Flaggschiff-Projekt der Regierung um Premierministerin Beata Szydlo und dem PiS-Parteivorsitzenden Jaroslaw Kaczynski.
Jetzt tritt Ernüchterung an die Stelle früher gehegter Erwartungen. Die Regierung und die Partei werden zunehmend bekannt durch das Durchdringen des Staats- und Verwaltungsapparates. Kein Justizminister hat heute in Europa so viel Macht wie Zbigniew Ziobro, keine Regierung in Europa wagt es, sich gegen die dritte Gewalt im Staate, die Judikative, zu stellen, außer Szydlo und ihr Kabinett. Darüber hinaus steuert ein Mensch das Land, der die formale Verantwortung dafür nicht tragen muss, weil Kaczynski lediglich Parteivorsitzender ist.
Offene Konflikte
Deswegen ist die polnische Gesellschaft gespalten wie nie. Sehen konnte das heute der kundige Bobachter, der die Reaktionen auf das Urteil des Verfassungsgerichts in den Nachrichten sah. Die Regierungsverantwortlichen bewerten das Urteil als nicht rechtskräftig, entwerten somit das Verfassungsgericht, während internationale Presse und Opposition die Regierung harsch kritisieren. Hinzu kommen große rechtliche Probleme in der Zukunft. Eigentlich muss die Regierung Urteile des Verfassungsgerichtes publizieren. Was passiert wenn nicht? Was passiert mit zukünftigen Urteilen des Verfassungsgerichtes? Und was ist, wenn sich einige Richter an diesen orientieren und andere nicht?
Noch sichtbarer ist die Spaltung in den polnischen Medien, auf die wir noch in zukünftigen Artikeln Bezug nehmen werden, und in den Straßenprotesten. Heute hat sich eine Zeltstadt vor dem Sitz der Premierministerin gebildet. Einige hundert Menschen haben heute mit einem Projektor die erste Seite der Verfassung an die Fassade des Gebäudes geworfen. Sie wollen nicht eher weg gehen, bis sich die Regierung zum Rechtsstaat bekennt. Folgen nun heftige gesellschaftliche Verwerfungen?
Zum gewalttätigen Konflikt ist es noch ein weiter Weg, aber je mehr sich die Stimmung in Polen verschärft, umso mehr verliert das Land daran. Sollte es nicht bald eine Lösung des Konfliktes gegeben, werden tiefe gesellschaftliche Verwerfungen, ein nicht funktionierender Rechtsstaat und damit einhergehende ökonomische Einbrüche folgen. Dies wird dann der Verdienst von Jaroslaw Kaczynski und seinen Helfern, Beata Szydlo und Präsident Andrzej Duda, sein.
Bild: Sitz der Premierministerin in Warschau // (cc) Lukas Plewnia [CC BY-SA 2.0] / polen-heute.de/Flickr