Tusk macht Ernst – erste Entscheidungen beim Personal

Heute haben sich die Spitzen der Regierungspartei Bürgerplattform (PO) getroffen und über die weitere Arbeit beraten. Dabei standen mehrere Themen im Mittelpunkt: die Zukunft von Ministerpräsident und Parteichef Donald Tusk ebenso wie die von Justizminister Jaroslaw Gowin. Nach der offen zu Tage getretenen Meinungsverschiedenheit zwischen Tusk und Gowin während der Abstimmung über die Abtreibungsgesetzgebung ranken sich die Gerüchte darüber, Tusk könnte Gowin aus der Regierung entfernen. Heute sagte er dazu, er werde eine Entscheidung dazu am kommenden Montag bekannt geben; vorher solle es noch ein Treffen zwischen den beiden Politikern geben. Vielen Beobachter sehen in dem Satz bereits die Demission Gowins – ein Vertrauensbeweis sieht tatsächlich anders aus. Die nationalkonservative Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) bat Gowin gleich Gespräche über einen möglichen Beitritt an.

Tusk will Partei reformieren

Intensiver ging Tusk auf sein eigenes Schicksal und das der Partei ein. Er wolle sichergehen, dass es innerhalb der Partei nicht zu einem lähmenden oder gar destruktiven Flügelkampf komme – andere Parteien, die aus der Solidarnosc-Bewegung entstanden sind, wie die Wahlaktion Solidarnosc (AWS) sind genau daran zerbrochen. Auch aus diesem Grund wolle er im nächsten Frühjahr erneut für den Parteivorsitz kandidieren – vor wenigen Wochen noch hatte Tusk dies ausgeschlossen. Sein Wunsch sei es jedoch, dass der Parteichef in einer Urabstimmung durch die Mitglieder der Partei gewählt wird, damit eine Demokratisierung der unteren Parteistrukturen stattfinden könne. Er wünsche sich auch Gegenkandidaten, ließ der Parteichef – wahrscheinlich in Richtung Parteifreund Grzegorz Schetyna – verlauten. Schetyna hatte erst jüngst dem Premier indirekt geraten auf den Parteivorsitz zu verzichten. In den Medien und von Seiten der Opposition wird Tusk zudem eine gewisse Amtsmüdigkeit attestiert – dem ist der Premier nun entgegengetreten.

Die PO wird 2014 kurz vor den Europawahlen eine neue Führung wählen, nationale Parlamentswahlen werden dann voraussichtlich 2015 stattfinden.

Neues Gesicht im Regierungsschutzbüro

Eine andere Entscheidung traf Donald Tusk heute eher gezwungenermaßen: Der Chef des Regierungsschutzbüros (Biuro Ochrony Rzadu, BOR), das für die Sicherheit der Regierungsmitglieder verantwortlich ist, ist zurückgetreten. Seine Rücktrittsgesuch nahm der Premier an – genaue Gründe, warum General Marian Janicki seinen Hut nahm, sind bisher nicht an die Öffentlichkeit gedrungen. Gerüchte besagen, es könnte mit größeren Personaleinsparungen zusammenhängen, die Janicki nicht gefallen und für die er nicht die Verantwortung übernehmen will. Janicki ist seit 2007 oberster Leiter der Behörde, die ihren schwersten Tag am 10.04.2010 erlebte, als das Flugzeug mit Präsident Lech Kaczynski an Bord bei Smolensk abstürzte. Dabei kamen auch zehn BOR-Agenten ums Leben, gleichzeitig jedoch war die Behörde scharfen Vorwürfen der Pflichtverletzung und Fahrlässigkeit ausgesetzt. Janicki überstand die Kritik damals, heute machte er nun Platz für Oberst Krzysztof Klimek.