Tusk seit einem Jahr in Brüssel

Vor genau einem Jahr hat der ehemalige Premierminister Polens Donald Tusk das Amt des Präsidenten des Europäischen Rates angetreten. Was er bisher in dieser Position geschafft hat und woran er noch arbeiten soll, haben nicht nur polnische Medien und Politiker, sondern auch die aus ganz Europa kommentiert. In den Berichten wurden vor allem die Flüchtlingskrise, die Haltung von Griechenland in der Euro-Zone und die Englischkenntnisse von Tusk angesprochen.

Donald TuskDer ehemalige Premierminister Donald Tusk verließ genau vor einem Jahr Polen, um das Amt des Präsidenten des Europäischen Rates anzunehmen. Seine Entscheidung stieß auf große Kritik, besonders, da der Vorgänger von Beata Szydlo und Ewa Kopacz die polnischen Auswanderer zur Rückkehr ins Heimatland überreden wollte. Seinerzeit ist er vom britischen Regierungschef David Cameron der „oberste polnische Emigrant“ genannt worden.

Nun ist ein Jahr vergangen und die Arbeit von Donald Tusk wird von Kommentatoren und Korrespondenten aus ganz Europa zusammengefasst und beurteilt. In vieen Berichten – unter anderem bei Daniel Brössler aus der „Süddeutschen Zeitung“ – wird die Ansicht vertreten, dass Tusk erst lernen musste, im Namen ganz Europas und nicht nur Polens zu reden. In einigen Kommentaren wird sein Standpunkt negativ beurteilt, die anderen sehen darin einen Vorteil – es handelt sich um die Konzentrierung seiner Handlungen und Entscheidungen auf Polen und weitere osteuropäische Länder. Dieser Blickpunkt ist ganz anders als bei anderen politischen Vertretern, wie beispielsweise bei Angela Merkel oder beim Vorgänger von Tusk, Herman Van Rompuy.

Dieses Argument trat vor allem bei der Frage der Flüchtlinge in Europa hervor. Tusk weigerte sich nicht, auf seine Meinung zu bestehen, die sich auf Osteuropa und Polen bezog. Obwohl seine Ansicht zu den Quoten unter Flüchtlingen anders als bei anderen EU-Spitzenpolitikern war, wurde dieser Meinungsunterschied und die Vertretung der osteuropäischen Interessen eher positiv beurteilt – genauso wie das Engagement von Donald Tusk in den Versuchen, Griechenland in der Euro-Zone zubehalten. Er brauchte zwar viel Zeit, die Verantwortung für diese Frage zu übernehmen, seine Rolle dabei war aber entscheidend, so der Chef des European Policy Centre (EPC) Janis Emmanouilidis.

Was dem Vorsitzenden des Europäischen Rates aber immer noch vorgeworfen wird, sind die mangelnden Englischkenntnisse. Diese erlaubten Tusk immer noch nicht, diplomatische Gespräche hinter verschlossenen Türen zu führen. Dies unterscheidet ihn von den meisten EU-Politikern auf höheren Posten – die meisten von ihnen sprechen fließend mindestens zwei oder drei Arbeitssprachen des EU-Parlaments.

Bild: Donald Tusk // (cc) KPRM [CC BY-NC-ND 2.0] / Flickr