„Unbemerkter“ Gazprom-Deal kostet Finanzminister den Kopf

15 Apr – 28 Apr 2013
Neues Finanzministerium nach Kommunikationsdesaster seines Vorgängers ++ Abgeordneter von Korruptionsvorwürfen freigesprochen ++ Justizminister vermutet illegalen Eizellenhandel zwischen Polen und Deutschland

Polnische FlaggeNeues Finanzministerium nach Kommunikationsdesaster seines Vorgängers

Ein Wechsel in der Regierung: Finanzminister Mikolaj Budzanowski musste zurücktreten, weil er keine Kenntnis von einem Memorandum hatte, das Gazprom mit der Polnischen Erdöl- und Erdgasbergbaugesellschaft (PGNiG) unterzeichnet hatte.

Premierminister Donald Tusk wurde daher nicht informiert und war überrascht, als er von Medienvertretern im polnischen Parlament danach gefragt wurde. Gazprom als der größte russische Gasexporteur hat in Polen ein sehr negatives Image. In der polnischen Gesellschaft wird die Zusammenarbeit zwischen diesem großen russischen Unternehmen und der staatlichen PGNiG als nicht wünschenswert angesehen.

Die Entscheidung, Budzanowski zu entlassen, kam für Beobachter überraschend, da Tusk normalerweise auch in problematischen Situationen zu seinen Ministern steht. Anstelle von Budzanowski ist nun Wlodzimierz Karpinski der neue Finanzminister – hier setzt Tusk auf ein bekanntes Gesicht. Vor seiner Ernennung war Karpinski Stellvertreter des Ministers für öffentliche Verwaltung und Digitalisierung Michal Boni.

Abgeordneter von Korruptionsvorwürfen freigesprochen

Ende April wurde die ehemalige Abgeordnete der Bürgerplattform (PO) Beata Sawicka von allen Vorwürfen freigesprochen. Das Gericht bewertete die Art der Ermittlungen gegen Sawicka als rechtswidrig, so dass die Beweise nicht für eine Verurteilung verwendet werden konnten.

Der ehemaligen Abgeordneten wurde vorgeworfen, im Jahr 2007 von einem verdeckten Ermittler des Zentralen Antikorruptionsbüros (CBA) Schmiergeld angenommen zu haben. Das Bestechungsgeld sollte beim Kauf eines staatlichen Grundstücks in der Nähe der Ostsee helfen. Die Übergabe des Geldes wurde gefilmt und Sawicka wurde wegen Korruptionsverdachts angeklagt.

Daraufhin machte der Leiter der CBA, Michal Kaminski, jetzt Abgeordneter der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die Vorwürfe öffentlich; während der Pressekonferenz wurde Filmmaterial von der Übergabe gezeigt. Einige polnische Kommentatoren sind davon überzeugt, dass die PiS-Regierung den Staatsapparat in der Zeit zwischen 2005 und 2007 missbraucht hat, um politische Ziele zu erreichen.

Die Aufdeckung des Korruptionsskandals kurz vor den Parlamentswahlen 2007 wird daher als politische Einflussnahme und als Versuch der Kontrolle der öffentlichen Meinung angesehen. Die PiS hat jedoch die Wahlen verloren und die möglichen Ziele nicht erreicht.

Justizminister vermutet illegalen Eizellenhandel zwischen Polen und Deutschland

Justizminister Jaroslaw Gowin hat öffentlich behauptet, dass in polnischen Krankenhäusern, in denen die In-vitro-Fertilisation angewandt wird, „schreckliche Dinge“ geschahen. So seien Eizellen unkontrolliert vernichtet und höchstwahrscheinlich mit anderen Ländern gehandelt worden.

Laut Gowin wäre es deutschen Wissenschaftlern verboten, zu experimentieren und deutsche Eizellen zu zerstören. Deshalb kauften sie Eizellen aus anderen Ländern, höchstwahrscheinlich auch aus Polen.

Nach diesen Worten ging ein Chor der Empörung durch die polnische Politik. Regierungsvertreter Pawel Gras bezeichnete Gowins Worte als „schockierend“, seiner Meinung nach sei der Handel mit Embryonen nahezu unmöglich. Doch einige Politiker der Regierungspartei Bürgerplattform (PO) schließen einen solchen Handel nicht aus. Oppositionspolitiker sehen vor allem die fehlende Regulierung in diesem Bereich als Hauptproblem an.

Jaroslaw Gowin ist dem rechten Flügel der PO zuzuordnen, wird aber von politischen Beobachtern aufgrund seiner Neigung zu provokanten Äußerungen manchmal sogar im konservativ-klerikalen Lager verortet. Dies hat in der Regierung Tusk bereits einen Konflikt provoziert – zu dem Gowin vermutlich nur gehört, um eine konservative Stimme zu haben.

Einerseits wollte Tusk wohl eine Meinungsvielfalt schaffen und verschiedene Flügel der Regierungspartei zufriedenstellen. Andererseits wird vermutet, dass der Premierminister einen potenziellen Konkurrenten unter Kontrolle halten wollte – doch Gowin scheint seine Position in der Politik in letzter Zeit festigen zu können.