Schon bald wird Justizminister Zbigniew Ziobro die Staatsanwaltschaft direkt steuern können. Man fühlt sich an die Zeit zwischen 2005 und 2007 erinnert, doch wird sich Geschichte wiederholen?
Der Senat, also die zweite Kammer des polnischen Parlamentes, nahm letzte Woche Samstag eine Gesetzesnovelle an, durch die die Staatsanwaltschaft wieder in die Verfügungsgewalt des Justizministers fällt. Darüber hinaus werden dadurch dem Minister noch weitere Einflussmöglichkeiten auf die Besetzung der Staatsanwaltschaft gegeben und auch Teile des staatsanwaltschaftlichen Apparates umstrukturiert.
Damit darf Justizminister Zbigniew Ziobro wohl in Zukunft schreiten und walten, wie ihm beliebt. Und als einzig höhere Instanz kann der Parteivorsitzende von Recht und Gerechtigkeit, Jaroslaw Kaczynski, dem Einhalt gebieten – oder auch nicht. Denn das Gesetz wartet nur noch auf die Unterschrift des Präsidenten Andrzej Duda und dieser hat sich seit seiner Amtseinführung nicht gerade durch unabhängiges Handeln zum Wohle aller Polen hervorgetann. Somit wird ein weiterer Meilenstein auf der politischen Agenda von Jaroslaw Kaczynski erreicht.
Neue Bedingungen für größere Handlungsräume
Die Staatsanwaltschaft wurde im Jahre 2009 vom Justizminister getrennt. Der Generalstaatsanwalt, bisher Andrzej Seremet, konnte ohne größeren politischen Druck eine überwiegend von politischen Einflüssen befreite Staatsanwaltschaft führen. Die Bürgerplattform (PO) sah sich nach den Regierungsjahren von Recht und Gerechtigkeit zwischen 2005 und 2007 zu diesem Schritt gezwungen. Damals steuerte Justizminister Ziobro die Staatsanwaltschaft. Das Ergebnis waren Affären und handwerkliche Fehler, die mitunter ausschlaggebend für den Sturz der Regierung um Premierminister Jaroslaw Kaczynski waren.
Wird das jetzt anders? Wird sich Geschichte wiederholen? Es darf nicht unterschätzt werden, dass sich die äußeren Bedingungen geändert haben. PiS regiert alleine, Kaczynski muss nicht mehr in einer schwierigen Koalition mit Nationalisten und Populisten agieren. Vielmehr hat er diese Strömungen erfolgreich und nachhaltig in seine Partei integriert. Zudem konnte er Recht und Gerechtigkeit konsolidieren, jetzt stehen an den entscheidenden Stellen willfährige Handlanger. An die Eigenständigkeit von Duda oder der Premierministerin Beata Szydlo glaubt, sogar im klerikal-konservativen Lager, niemand mehr. Das schafft Handlungsräume und sogar wenn etwas schief läuft, ist die Gefahr eher gering, dass es ans Tageslicht kommt. Für Kaczynski besteht also freie Bahn und für Beobachter der politischen Szene wird es eine sehr interessante Zeit.
Bild: Zbigniew Ziobro und Beata Szydlo // (cc) P.Tracz/KPRM [Public Domain Mark 1.0] / Flickr