Der SLD-Vorsitzende Leszek Miller arbeitet an einem breiten Wahlbündnis links der Mitte für die kommenden Kommunalwahlen. Im Gespräch ist dabei eine Wahlliste zusammen mit der linksliberalen Partei Deine Bewegung. Doch können die Gegensätze überwunden werden?
Überraschen wird den ausländischen Betrachter die Dynamik der polnischen Politszene: Viele Parlamentarier des Sejm (polnisches Unterhaus) haben mindestens ein Mal die Partei gewechselt – das ist nicht ungewöhnlich. Und Politiker, die einer Parlamentsfraktion angehören, sind nicht immer Mitglieder der dazugehörigen Partei, wie in Deutschland üblich.
Diese Tendenz findet sich auch in der Parteienlandschaft wieder. Zum Beispiel ist das Wahlbündnis Europa Plus/Deine Bewegung nach der letzten Wahl genauso schnell auseinander gebrochen, wie es gegründet wurde. Auch kleine Parteien wie Polen ist das Wichtigste (PJN) werden mal eben gegründet und verschwinden nach geringer Halbwertzeit in der Bedeutungslosigkeit.
#LewicaRazem
Verwunderlich sind in Anbetracht der mäßigen Erfolge von quasi spontanen Bündnissen immer neue Tendenzen, die zu Wahlerfolgen führen sollen, dann aber im Desaster enden. Jedoch passiert zurzeit genau das: Der Bund der Demokratischen Linken (SLD) versucht seit einigen Monaten Kräfte auf der linken Seite der Politikszene zu bündeln. Unter dem Titel #LewicaRazem (#dieLinkeZusammen) baut die Partei ein Wahlbündnis für die nächsten Kommunalwahlen auf, die am 16. November im ganzen Land durchgeführt werden. Im Rahmen des Bündnisses soll die Hälfte der Plätze auf den SLD-Listen an kleine linke Parteien, NGOs und Einzelpersonen gehen, die sonst chancenlos wären.
Die Verhandlungen zum Bündnis treibt der SLD-Vorsitzende Leszek Miller voran. In einem Interview für die SLD-Internetseite sagte Miller, das Wahlbündnis solle den Namen „SLD Die Linke Zusammen“ (SLD Lewica Razem) tragen. Es würden auch Verhandlungen mit Janusz Palikot, dem Vorsitzenden der linksliberalen Partei Deine Bewegung (TR), geführt. Doch gebe es viel Widerstand bei der SLD gegen ein Wahlbündnis mit TR, so Miller. Gründe dafür seien eine andere programmatische Grundlage sowie ein größeres Wählerpotenzial der SLD.
Millers Aussagen teilen vielen Kommentatoren und Beobachter der politischen Szene in Polen. Demnach seien die SLD-Vorsitzenden der Regionen und viele Funktionäre untergeordneter Strukturen gegen ein solches Bündnis. Man wolle eher die Konkurrenz, die ganz klar bei TR gesehen wird, vernichten und nicht im Zusammenschluss ein besseres Wahlergebnis erzielen. Das Kalkül ist: Dein Bewegung erleidet eine ähnlich schwere Niederlage wie bei den letzten Europawahlen und kann sich auf die Dauer nicht mehr in der Politik halten. Dadurch würde die SLD Wähler zurückgewinnen. Würde man TR hingegen jetzt helfen, könnte sich diese Partei auf Dauer in Polen etablieren.
Letztes Angebot
Hindernisse für ein SLD-TR-Wahlbündnis bestehen auch auf Seiten von Deine Bewegung. Am letzten Mittwoch erklärte der TR-Vorsitzende Janusz Palikot gegenüber den Medien, er habe Miller ein letztes Angebot unterbreitet. Nicht zu akzeptieren sei für Deine Bewegung der Name des Wahlbündnisses. Man wäre mit „Die Linke Zusammen“ oder „SLD-Deine Bewegung-Die Linke Zusammen“ einverstanden. Ferner müssen ein Drittel der Listenplätze für die SLD, ein Drittel für TR und ein Drittel für andere linke Kräfte zur Verfügung stehen.
In Anbetracht früherer Dissonanzen zwischen Miller und Palikot sowie zwischen den beiden Parteien im Allgemeinen kann man kaum davon ausgehen, dass ein Wahlbündnis beider Parteien zustande kommt. Aber nichts ist gewiss und gerade diese Unvorhersehbarkeit und die Dynamik machen den Charme der polnischen Politik aus.
Bild 1: Leszek Miller (2013) // (cc) Lukas Plewnia / Polen Heute [CC BY-SA 2.0] / Flickr
Bild 2: Janusz Palikot // (cc) Lars Leschewitz / polen-heute.de [CC BY-SA 3.0] / polen-heute.de