Wahlruhe: Öde in den Medien

Die Wahlruhe dauert in Polen an und ist erst morgen mit dem Schließen des letzten Wahllokals zu Ende. Doch seit einigen Jahren äußerten Politiker vermehrt Kritik an diesem Gesetz. Gleichwohl ist heute Öde in die polnischen Medien eingezogen – alle warten auf die ersten Hochrechnungen.

In Polen hat heute pünktlich nach Mitternacht die Wahlruhe begonnen. Diese Tradition wurde mit den Präsidentschaftswahlen im Jahre 1990 eingeführt. Regelmäßig am Tag vor Wahlen und am Wahltag bis zum Schließen der Wahllokale darf keine Agitation zugunsten einer Wahloption betrieben werden. Also sind Wahlwerbespots, das Verteilen von Flugblättern und andere Werbung für Parteien verboten. Auf diese Regelung wird in der noch jungen Demokratie viel Wert gelegt, auch wenn immer wieder Verstöße in den Medien bekannt werden. Doch die Strafen können bis zu 250.000 Euro betragen, überwiegend werden aber Strafen von wenigen tausend Euro verhängt.

Die Wahlruhe wurde eingeführt, damit die Wahlberechtigten vor der Stimmabgabe Zeit zur Reflexion haben und nicht bis zur letzten Minute mit neuen Informationen und Behauptungen konfrontiert werden. Denn in Polen besteht der Wahlkampf überwiegend aus Parolen und Unterstellungen, die an den politischen Gegner gerichtet sind und sich bei näherer Betrachtung mindestens als Halbwahrheiten erweisen.

Nach dem Schließen der Wahllokale

Das Wahlwerbeverbot gilt auch für soziale Medien, damit dürfen Kandidaten oder Parteien zum Beispiel keine neuen Fotos von sich posten; das Liken und Teilen ist auch verboten. Und hier beginnt die Kritik an der Wahlruhe. Viele Politiker, von allen Parteien, sehen in Zeiten des Internets Probleme mit der Durchsetzung dieses Gesetzes aufkommen. Es sei schlichtweg unmöglich, das Internet von neuer Agitation zugunsten einer Option sauber zu halten, so die Meinung vieler. Verstärkt wird das durch das seit einigen Jahren auftretende erfolgreiche Umgehen der Wahlruhe durch polnische Blogger, die dann plötzlich von „dem Prozentanteil von unterschiedlichen Gemüsesorten im Salat“ oder vom „Sammeln von Pilzen“ sprechen und davon, wer denn jetzt „mehr Pilze gesammelt hat“.

So war die polnische Medienlandschaft heute eher langweilig. Diese Öde machte sich durch vermehrte Berichte über das Wetter, Sport (Fußball), Autounfälle und eben über die Wahlruhe selbst bemerkbar. Am Wahltag wird dann in der Regel intensiv über die Verstöße gegen die Wahlruhe berichtet.

Morgen schließen die Wahllokale um 21 Uhr, dann werden die ersten Hochrechnungen präsentiert, die für gewöhnlich präzise das Wahlergebnis vorhersagen. Doch es könnte spannend werden. Denn wenn ein Wahllokal aus irgendwelchen Gründen später aufmacht, kann die Wahlabgabe an diesem Ort verlängert werden. Dann müssen auch die ersten Hochrechnungen warten. Und da die rechtsklerikale Recht und Gerechtigkeit (PiS) und die regierende konservative Bürgerplattform (PO) gleichauf liegen, sind die ersten Hochrechnungen vielleicht nicht ganz so eindeutig wie bisher.