Einige Zeit haben sich Warschauer Beamten den Kopf darüber zerbrochen, wie man die aus anderen Städten Polens zugewanderten Einwohner der Hauptstadt dazu ermuntert, ihre Steuern in Warschau zu zahlen. Damit sollen zusätzliche Einnahmen für die Stadtkasse generiert werden. Nun wurde eine Lösung gefunden: die „Warschauer Karte“. Doch heute äußerte der Datenschutzbeauftragte Wiewiorowski rechtliche Bedenken.
Warschau ist eine klassische Einwanderungsstadt, für die die Steuereinnahmen der Einwohner extrem wichtig sind, damit Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt werden können. Die (wenigen) „echten“ Warschauer regen sich darüber auf, dass dauerhaft in der Hauptstadt wohnende Menschen ihre Steuer woanders zahlen Diese führe nicht zur Verbesserung der Infrastruktur und dem Lebensstandard in der Hauptstadt. Im Warschauer Slang gibt es sogar eine Bezeichnung für Menschen, die unter der Woche in Warschau arbeiten, aber jedes Wochenende heim fahren, um mit Einmachgläsern von Mutti nach Warschau zurück zu fahren. Diese Pendler werden verächtlich „Gläser“ (sloiki) genannt.
Um für dieses Problem eine Lösung zu finden, wurde 2013 die Zusammenarbeit zwischen Rathaus, Warschauer Verkehrsbetrieben und Finanzministerium beschlossen. Dieses trieb die Arbeiten an dem Projekt deutlich voran und führte im Januar 2014 zum Erfolg: Besitzer der neuen „Warschauer Karte“ profitieren von zahlreichen Ermäßigungen bei Kultur-, Sport-, oder Entertainmenteinrichtungen. Die Karte war von Beginn an sehr beliebt: Ende Januar beantragten 250.000 Bürger die Karte – von diesen haben bereits 160.000 eine erhalten. Beamte schätzen, dass bis zu 500.000 Bürger die Karte beantragen werden, was fast ein Viertel aller in Warschau lebenden Menschen ist. Um die Karte beantragen zu können, gibt es zwei Bedingungen: man muss in der Hauptstadt wohnen und dort Steuern zahlen.
Warschauer Karte gesetzeswidrig?
Die Warschauer Verkehrsbetriebe haben alle Daten ihrer Kunden an das Finanzministerium weitergeleitet, auch von den Kunden, die kein Interesse an der Warschauer Karte hatten. Das sei ein Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen, sagte heute auf einer Pressekonferenz der polnische Datenschutzbeauftragte Wojciech Wiewiorowski. Darüber hinaus gibt Wiewiorowski zu bedenken, ob es überhaupt legal sei, eine Karte mit Privilegien nur für bestimmte Einwohner einer Stadt einzuführen. Das stehe entgegen der europäischen Gesetzgebung. Dies soll durch ein Gericht geprüft werden.
Polnische Metropolen bemühen sich um zusätzliche Gelder für den Ausbau und die Entwicklung des eigenen urbanen Raumes. In Warschau wird dieses durch finanzielle Anreize versucht. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass solche Initiativen nicht gegen geltendes Recht verstoßen dürfen. Zudem wird die An- und Ummeldung in Polen durch bürokratische Hürden extrem erschwert. Man braucht zum Beispiel die Einwilligung des Besitzers der gemieteten Wohnung, die in der Regel nicht gewährt wird. Und hier besteht zusätzliches Potenzial, was genutzt werden könnte, bevor finanzielle Anreize gesetzt werden.
Bild: Warschau // (cc) Lukas Plewnia / Polen Heute [CC BY-SA 2.0] / Flickr