Piotr Duda und Beata Szydlo haben sich als äußerst erfolgreiche Wahlkämpfer präsentiert. Ihnen ist es zu verdanken, dass Recht und Gerechtigkeit jetzt quasi die Alleinherrschaft in Polen inne hat. Doch die Entscheidungsgewalt hat eine ganz andere Person.
Wer hat die Macht im Lande? Diese Frage stellen sich nun Kommentatoren und Medienbeobachter in Polen. Klar ist: Beata Szydlo ist als Spitzenkandidatin von Recht und Gerechtigkeit (PiS) gestartet. Nach einem intensiven und kraftraubenden Wahlkampf ist Szydlo eine der verantwortlichen Personen für den geradezu sensationellen PiS-Wahlsieg und die anstehende Alleinherrschaft. Klar ist aber auch, dass der erst kürzlich gewählte Präsident Andrzej Duda nicht nur eine repräsentative Rolle für sich beanspruchen kann. Immerhin hat der Präsident in Polen eine wichtige Rolle als Vermittler im politischen Diskurs, als außenpolitischer Repräsentant, sowie als Vetospieler im legislativen Prozess.
Damit sollte die Machtfrage geklärt sein. Doch in Polen ist das nicht so einfach. Die Parteistrukturen sind überaus hierarchisch geprägt. Wenn eine Person an der Spitze die Zügel fest in der Hand hält und von den Kernwählern akzeptiert wird, dann ist diese auch die unumstößliche Führungsfigur in der eigenen Partei. Dies unterstützen die an Hierarchien ausgerichtete Erziehung und das hierarchisch geprägte Bildungssystem jenseits von Oder und Neiße. So ist auch zu erklären, warum die meisten Beobachter der Meinung sind, dass eine ganz andere Person nun die politischen Geschicke des Landes lenkt.
Die Wahlsiegerin und der Mächtige
Jaroslaw Kaczynski, PiS-Vorsitzender, ist diese Person. Das wird umso deutlicher, je weiter der Wahlsieg in die Vergangenheit rückt. Zu Beginn der letzten Woche hielt sich noch die Illusion, Szydlo hätte wenigstens einen Einfluss auf die zukünftige Regierung, doch sie blieb Zaungast. An der neuen Regierung bastelt der engste Vertrautenkreis von Kaczynski im PiS-Hauptquartier in Warschau. Die Wahlsiegerin soll nur wenige Male vor Ort gewesen sein, um mit Kaczynski ihre Rolle in der zukünftigen Regierung zu klären.
Damit hat Szydlo schon verloren. Sollte sie dann doch Premierministerin werden dürfen, ist sie in einer extrem geschwächten Position, in der sie noch nicht einmal Einfluss auf ihre eigenen Minister wird nehmen können. Dazu kommt, dass sie eine Vertreterin von gemäßigten Parteimitgliedern ist, Kaczynski jedoch auf „Falken“ wie Antoni Macierewicz in der Regierung setzt. Ihre Positionen wird Szydlo als Regierungslenkerin also nicht durchsetzen können. Damit bleibt eigentlich nur die Frage: Wann wird Jaroslaw Kaczynski Premierminster?
Bild: PiS-Logo im polnischen Parlament // (cc) Lukas Plewnia [CC BY-SA 2.0] / www.polen-heute.de