Zmiana – Eine neue linke Kraft in Polen?

Unter der Führung von Mateusz Piskorski gründete sich Anfang 2015 die neue Partei Zmiana. Sie hat sich im Wesentlichen aus der populistischen Samoobrona (Selbstverteidigung) von Andrzej Lepper gebildet und übernahm von dieser zahlreiche Positionen. Der neuen Partei werden jedoch kaum Chancen eingeräumt. Denn mit ihrer linken und prorussischen Programmatik, die stark vom polnischen Mainstream abweicht, wird sie in den Medien als Putins fünfte Kolonne bezeichnet. Diese Erfahrung hat bereits Samoobrona machen müssen – nach großen Erfolgen 2001-2005 spielt sie heute keine Rolle mehr.
Mit der Gründung der  Partei Zmiana (Wechsel) versucht Mateusz Piskorski die populistischen Kräfte in Polen neu zu beleben. Zmiana sieht sich als die „einzige Opposition“ und bezeichnet sich als die „erste nichtamerikanische Partei Polens“ und als Partei des Friedens. Wenn man sich ihre Programmatik anschaut, scheint sie sich am äußerten linke Rand zu positionieren, da die Kommunistische Partei Polens (KPP) in der Bedeutungslosigkeit verharrt. Zu ihren Kernforderungen zählen:

  • ein sofortiger Austritt aus der NATO
  • Renationalisierung und Verstaatlichung wirtschaftlicher Schlüsselbereiche wie Banken und Produktionsbetriebe
  • die Neuausrichtung der polnischen Nachbarschaftspolitik weg von den USA und hin zu den direkten östlichen Nachbarn Russland und Belarus
  • ein gerechtes Steuersystem
  • die Beseitigung der Arbeitslosigkeit durch eine Reindustrialisierung Polens
  • eine Stärkung der Landwirtschaft
  • die Einführung der direkten Demokratie

Das Programm von Zmiana ist stark an der Programmatik Andrzej Leppers Samoobrona orientiert, was im Wesentlichen daran liegt, dass zahlreiche Spitzenfunktionäre wie Mateusz Piskorski bereits in der Samoobrona eine bedeutende Rolle spielten. Als politische Kraft hatte Samoobrona ihren Höhepunkt zwischen 2001 und 2007. Nach den Parlamentswahlen im Jahre 2001 war sie mit 10,2 Prozent die drittgrößte Fraktion im polnischen Parlament (Sejm). In den darauffolgenden Wahlen wurde die populistische Partei zusammen mit der rechtsklerikalen Recht und Gerechtigkeit (PiS) Teil der Regierungskoalition. Anschließend begann der Niedergang. In den Wahlen zum Sejm 2007 erhielt Samoobrona nur noch 1,5 Prozent der Stimmen. Und seit dem Selbstmord ihres Spitzenpolitikers Andrzej Lepper 2011 fehlt ihr eine charismatische Persönlichkeit an der Spitze.

Mit der Gründung der Zmiana versuchen nun einige ehemalige Mitglieder von Samoobrona zusammen mit Aktivisten aus dem linken Spektrum eine neue linke politische Kraft zu etablieren. Sie erhoffen sich hier ähnliche Erfolge, wie sie der ultrakonservative Kongress der Neuen Rechten (KNP) unter Janusz Korwin-Mikke feierte.

Populistische und provozierende Aktionen nach KNP-Vorbild

Bereits das politische Programm von Zmiana steht in krasser Opposition zu den etablierten Parteien und zum politischen Mainstream. Hinzu kommt, dass einzelnen Aktionen zunehmend an Auftritte von Janusz Korwin-Mikke erinnern, der früher mit der KNP zwar regelmäßig provoziert, doch damit auch den Einzug in das EU-Parlament schaffte. So nahm Piskorski als Wahlbeobachter am Krim-Referendum teil. Darüber hinaus tritt er immer wieder als Experte in den russischen Medien auf und kritisiert die neue Regierung sowie die EU. Für ein enormes mediales Aufsehen sorgte die Einladung der Vertreter von prorussischen Kräften aus der Ostukraine zur Teilnahme am nationalen Gründungsparteitag Zmianas. Damit scheint sich Zmiana als radikale Opposition zu den etablierten Kräften positionieren zu wollen und durch die populistischen Aktionen für mediale Aufmerksamkeit zu sorgen. Ob sie sich mit dieser Strategie etablieren kann, ist jedoch fraglich. Daneben veranstaltet sie aber auch Kundgebungen gegen das TTIP-Abkommen, das europaweit kontrovers diskutiert wird und eher die Belange der polnischen Bürger treffen könnte.

Kaum Chancen auf eine gestalterische Rolle

Die Kernforderungen Zmianas rütteln an den Grundfesten der polnischen Innen- und Außenpolitik. Insbesondere seit der Eskalation der Krise in der Ukraine hat sich das polnisch-russische Verhältnis drastisch verschlechtert. Aktuell würden nur drei Prozent der Polen die Beziehungen zu Russland als eher gut bezeichnen, 66 Prozent sehen sie als schlecht. Ähnlich verhält es sich mit der polnischen Sicherheitspolitik. Bis zu der Ukraine-Krise sahen über 70 Prozent aller Polen keine sicherheitspolitische Gefahr für das Land. Heute sind es nur noch 41 Prozent, während 47 Prozent das Land als bedroht betrachten. Als größte Gefahr wird dabei Russland genannt (81%). Dies spiegelt sich auch in der Unterstützung für die NATO wieder. Bis Mitte 2014 unterstützten 62 Prozent der Polen die NATO, aktuell sind es 81 Prozent. Auch ist die Zahl der Polen, die die USA als positive Kraft in der Welt sehen von 28 Prozent (2012) auf 37 Prozent (2014) gestiegen.

Aufgrund der aktuellen politischen Lage scheint Zmiana nur geringe Chancen zu haben, sich als linksextrem politische Kraft zu etablieren. Dazu ist die allgemeine Stimmung zu antirussisch und prowestlich. Sie kann höchsten von den Protestwählern profitieren, um die sie jedoch mit anderen Parteien wie der rechten KPN oder der populistischen Samoobrona konkurriert. Dabei wird sich zeigen, ob sie mit weiteren spektakulären Aktionen für Schlagzeilen sorgen kann, um neue, bisher unerreichte Wähler zu mobilisieren.