Politikpause der Öffentlichkeit

Während in den letzten Wochen noch ACTA einen medialen Aufschrei verursacht hat, scheint das Thema nun abzuklingen. Seit einigen Tagen setzt eine merkwürdige Entwicklung in den polnischen Medien ein, die das Nichtpolitische in den Vordergrund der Nachrichten drängt: Dominant sind die Kälte und eine Kindesentführung, die keine war.

 Zuerst zur Kälte: Schon fast 2 Wochen breitet sich die Kälte in Mitteleuropa aus; in Deutschland werden Temperaturen verzeichnet, die knapp unter -10 °C liegen. Der plötzliche Temperaturabfall wird von vielen Bürgern als extrem empfunden. Bei unseren polnischen Nachbarn hingegen kann ein solcher „Temperatursturz“ nur müdes Lächeln hervorrufen. In Polen sind die Temperaturen denn auch um durchschnittliche 10 °C niedriger: In Warschau sind fast 50 offene Koksöfen auf den Straßen, meist bei hochfrequentierten Haltestellen, aufgestellt worden. Wie in Deutschland so auch in Polen ist kein Ende der Kälte in Sicht – da bleibt nur die Übung in Geduld.

Noch viel mehr Aufmerksamkeit bekommt zur Zeit eine Mutter, deren Kind angeblich entführt worden ist. Am 24. Januar hat in Südpolen (Sosnowiec) die Mutter der kleinen Magda einen Angriff gemeldet, in Folge dessen ihre Tochter entführt wurde. Ein polenweiter Aufruf zur Suche nach dem kleinen Kind hat begonnen und eine Belohnung von 5 tausend Zloty (ca. 1.200 Euro) wurde für das Auffinden des Kindes von der Polizei ausgesetzt. Schon früh sind aber Zweifel an der Aussage der Mutter des Kindes aufgekommen, die sich in Widersprüche verwickelte. Nachdem sich ein in Polen sehr bekannter Privatdetektiv, Krzysztof Rutkowski, an der Aufklärung beteiligte, erfuhr der Fall eine unerwartete Wendung. Der Detektiv setzte die Mutter in einer Befragung extrem unter Druck, bis diese zugab, dass das Kind nicht entführt worden ist. Da das Gespräch heimlich aufgezeichnet wurde, durfte daraufhin, nach Veröffentlichung durch Rutkowski auf einer Pressekonferenz, ganz Polen die neuste Version der Mutter über den Tathergang aus erster Hand erfahren. Demnach soll das Kind aus den Händen der Mutter gerutscht und auf der Türkante zum Schlafzimmer aufgeschlagen sein. Das Kind verstarb. Die Mutter soll danach in Panik das Kind an einem Fluss versteckt haben. Am ersten von ihr beschriebenen Ort ist die Kinderleiche jedoch nicht gefunden worden. Erst im zweiten Anlauf hat die Mutter den richtigen Ort, in einer Parkanlage, angezeigt. Dieser liegt ca. 1,5 km von dem ersten von ihr benannten Ort entfernt. Die Mutter sitzt seit Samstag dieser Woche in Untersuchungshaft.

Da noch dieses Jahr wichtige Reformen wie die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre auf Polen zukommen, ist zu erwarten, dass das Politische schnelle wieder Einzug in die polnischen Medien findet.